Wer Klaus Ecks Karneval-Blog zur Reputation liest, dürfte eine Menge Tipps mitnehmen, mit wie wenig Aufwand auch zu närrischen Zeiten die persönliche Reputation nicht auf der Strecke bleibt. Wer etwas mehr Zeit und Geld investieren möchte, kann sich auch den Gerhart-Polt-Film "Kehraus" anschauen. Dort werden die Zusammenhänge zwischen kollektiver Faschings-Zwangsenthemmung und dem Zynismus oberer sowie unterer Chargen eines Versicherungskonzern auf herrliche Art bloßgestellt. Doch Schluss mit dem Kulturbeitrag, zurück zum wirklichen Leben, das nach dem Karneval und dem südlichen Fasching bald wieder losgeht.
Klaus Ecks Beitrag provoziert mich zu der Frage: Ist Reputation umsonst. Gibt es sie kostenlos, etwa in Finnland?
Klar, der Anlass des Blogs ist vor allem das Verhalten von Nokia, das
zumindest zeitweilig in der öffentlichen Meinung einen immateriellen
Image-Wert vernichtet. Vielleicht auch materielle Werte, wenn in
Deutschland die Umsätze mit Nokias Mobiltelefonen einbrechen. Das
dürfte, so wie die Nokia-Verantwortlichen hier vorgegangen sind,
tatsächlich das einzige Argument sein, das in der Konzernspitze
überzeugt. Allerdings ist dies angesichts der Sturheit, wie hier
einseitig kostenorientierte Entscheidungen getroffen werden, eine eher
müßige Diskussion.
Viel interessanter wäre eine Diskussion, würden solche Entscheidungen
auch fallen, wenn alternativ zur kaufmännischen und der politisch
korrekten Umweltbilanz Konzerne auch eine Bilanz über Kosten und Wert
von Image und Reputation ihren Aktionären darlegen müssten? Freilich
werden regelmäßig von berufenen und unberufenen Organisationen die
Werte von Marken geschätzt, was aber eher nach dem Motto geschieht:
"Wer ist die/der schönste auf der Welt?"
Bei Entscheidungen von Werksschliesungen und Verlagerungen könnte eine Reputationsbilanz und die Prüfung der Auswirkungen samt der Kosten, um Marke und Image wieder ins Lot zu bringen, durchaus eine Entscheidungshilfe sein. Aber freilich nur, wenn man Reputation auch in Beziehungen zu Umsätzen, Marktanteilen und Gewinnen betrachtet. Ganz nüchtern.
Vielleicht hätte sich in der Diskussion um die Schließung für Nokia gar ein positiver Effekt ergeben können, ein Zugewinn an Reputation, schließlich steht der Konzern ja nicht am Abgrund. Aber vielleicht weiß man in den entsprechenden Etagen von Nokia gar nicht, wie man aus diesem Effekt Gewinn erzielen kann. Und das ist neben den Menschen, die ihre Arbeit verlieren, die eigentliche Tragik dieses Falles, dass man nicht glaubt, dass sich Werte, die in diesem Fall mit Kosten verbunden sind, rechnen. Kaufmännisch.
Vielleicht kommt dies aber auch daher, dass der strahlende Stern Nokia über Jahre gar nicht viel für seine Reputation tun musste, sie ihm durch seine Erzeugnisse, Leistungen ganz nebenbei in den Schoß gefallen ist. All das erinnert an die schnell aufsteigenden Stars der Pop-Industrie. Aufsteigen ist zwar keine leichte Aufgabe, doch die eigentliche und schwierigste Herausforderung ist oben zu bleiben. Genau so ist es mit der Reputation.
Roland Keller, der gerade wieder seinen Krisenblogger. aktiviert hat.
Was Reputation wert ist, darüber haben gerade Weber Shandwick und Spencer Stuart eine spannende Studie erarbeitet. Soviel vorweg: Die Reputatoren gewinnen massiv an Einfluß. Befragt wurden Kommunikationsverantwortliche in den Fortune 500-Unternehmen in Europa und den USA. Und fragt nicht nach den Tools 😉
Den ausführlichen Bericht aus newsroom.de habe ich kompakt zusammengefasst: http://www.schweizer-degen.com/?p=77
Das Ergebnis ist in der Tat erfreulich, auch wenn hier die Christen in der Kirche befragt wurden, die natürlich für die Stärkung und Bedeutung ihres Bereiches eintreten.
Aber das tun sie scheinbar mit einem stärkeren Selbstvertrauen als früher. Tatsächlich werden an die Unternehmenskommunikation in Zeiten von Web, Online-Communities und Social Networks deutlich mehr Anforderungen gestellt, um virale Entwicklungen zu erkennen – oder noch besser, im Vorfeld entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit die Reflektionsebenen der Mundpropaganda positive Effekte bringen.
Roland Keller
Nokia achtet nicht auf die Reputation?
Also ich muß deinen Thesen leider(!) widersprechen und das aus zwei Gründen:
1. Dieser Werkschliessungsskandal verpufft schneller als man denkt.
Bsp.: War da nicht einmal ein Skandal mit Shell
oder wollten wir einmal eigentlich keine französischen Produkte mehr kaufen?
2. Der rumänische Markt bzw. der Ost-Europa Markt wurde auch außer acht gelassen, der ein wahrer Wachstumsmarkt vor allem für die Mobilbranche ist.
Demgemäß glaube ich, dass Nokia diesen regionalen, kurzfristigen Reputationsverlust ins Kalkül genommen hat; denn weiterhin läutet es in unseren Hirnen Nokia – connecting people
Liebe Grüße, Fritz
Wie Dein Kommentar zeigt, stimmt es auch hier tatsächlich: Nokia – connecting people.
Doch die These, Nokia achte nicht auf seine Reputation, lässt sich ja nicht durch die These, dass der Mensch rasch vergisst widerlegen. Dass viele Unternehmen mit diesem Kalkül arbeiten, es in viele Entscheidungen einfließt, hat ja wenig mit der Pflege der Reputation zu tun, eher mit einem abwägen. Aber auch bei diesem Abwägen muss ich als verantwortungsbewusstes Unternehmen aber vielleicht ein wenig mehr Kommuniktionsanstrengungen im Vorfeld leisten, damit der Zynismus dieser Denke erst gar nicht ankommt. Professionell war das nicht.
Insgesamt habe ich den subjektiven Eindruck, dass Nokias bisheriger Premium-Vorsprung in der Markenakzeptanz nicht mehr da ist. Auch ohne die Werksschließung.
Star werden ist eines, Star bleiben die eigentliche Anstrengung.