Nicht besonders überraschend wirkt ein Statement der amerikanischen Trendforscherin Faith Popcorn, die in einem Trendbericht davon ausgeht, dass Menschen sich wieder stärker an sozialen Werten orientieren und den kapitalistischen Egoismus hinter sich lassen werden. Sie glaubt, dass die digitale Welt, in der wir uns immer stärker und schneller vernetzen (können), einen neuen Identitätstypus unterstützt. Nicht mehr der Konsumgedanke soll uns künftig prägen, sondern „The Networked Self“.
Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass „das Soziale“ zum neuen Trend wird. Schließlich gibt es ein enormes Bedürfnis der Onliner nach Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit von Personen. Oder wie nehmen Sie die Personenfotos auf Xing und Twitter wahr? Immer mehr Menschen lassen sich auf Facebook, Xing, Twitter, Social Bookmarking und weitere Web 2.0-Tools ein, die letztlich den Einzelnen an dem Know-how oder den intellektuellen Leistungen seines Netzwerk partizipieren lässt. Dort treffen wir uns regelmäßig mit anderen Gleichgesinnten, erhalten ein persönliches Update und tauschen uns untereinander aus. Welches Buch oder welcher Online-Artikel ist wirklich lesenswert? Welche Handys sollen wir uns kaufen? Und mit wem sollte ich besser nicht zusammenarbeiten? Antworten erhalten Social Networker aus ihrer Peer Group, aber immer seltener aus klassischen Medien.
Dabei ist unsere Identität dem Wandel unterworfen. Sie speist sich längst nicht nur aus dem real Erlebten. Das Internet wirkt sich auf unser Rollenverständnis aus und hilft uns eine digitale Identität, einen digitalen Schatten unseres Selbst, zu entwickeln. Oder wie die Trendforscherin meint:
- „Identity Flux: Technology has enabled us to experiment with different personalities, leading to a much more fluid sense of who we are. Having tasted the nectar of virtual liberation, we’re beginning to reject the singularly defined roles we’re expected to play in society.
- The Future: Gender-neutrality goes mainstream. People list skills on their business cards rather than title, and dress up in various costumes depending on who they feel like being that day.“ (Faith Popcorn)
Zwischenmenschliche Beziehungen können über Social Networking-Tools intensiver und leichter auf Distanz gepflegt werden. Deshalb ist es Networkern möglich, heute sehr viel mehr Kontakte wahrzunehmen als früher. Unser digitales Ich steht als Repräsentant in der Googlewelt und verschafft Dritten beim Egosurfing einen allerersten Eindruck von unserer Reputation.
Unser digitaler Schatten wirkt zurück auf die reale Identität. Je größer die Transparenz hierbei ist, je mehr wir über einen Menschen online erfahren, desto stärker steht die digitale und reale Person in der Verantwortung. Ob die Bedeutung des Individuums ebenfalls zurückgeht, wie Faith Popcorn meint, bin ich mir nicht sicher. Aber das Bewusstsein in einer gemeinsamen Welt zu leben und dafür Verantwortung zu übernehmen, das nimmt augenscheinlich zu. Die Diskussion um den Klimawandel und eine nachhaltige Wirtschaft ist längst im Mainstream angekommen und gibt mir Anlass zur Hoffnung.
>> via MindSharing: The Networked Self
Klaus Eck
Ein sehr beeindruckender Artikel mit ausführlicher Widerspiegelung eines Trends, der uns schon länger bewegt, aber nie in die richtigen Worte gefasst wurde.
Mehr davon!
The NetworkedSelf
Wenn die amerikanische Trendforscherin Faith Popcorn recht hat, dürfen wir uns einen neuen Begriff einprägen. Das vernetzte Selbst sei der neue Identitätstypus, der durch die digitale Welt und ihre millionenfachen Vernetzungsmöglichkeiten entsteht….