Am 15. Dezember 2006 stellten Heike Bedrich, Talisman, und Doris Eichmeier provokativ die Frage: "Das Ende der PR-Agenturen?". Tatsächlich haben sie damit nur neue Aspekte in einer Dauerbrenner-Diskussion um die Zukunft der PR hinzugefügt. Tatsächlich könnte man die Frage nach der Zukunftsfähigkeit wie einst Radio Eriwan beantworten: "Im Prinzip ja, aber …"
Zwar stand die Fragestellung im Zusammenhang mit Schlagworten wie Web 2.0, was neue Anforderungen und Bedingungen der Kommunikation stellt. Doch soweit würde ich gar nicht vorgreifen. Wer eine produktive und ordentliche PR-Arbeit vor Web 2.0 gemacht hat, muss vor den neuen Bedingungen keine Angst haben – im Gegenteil. Damit lässt sich die Arbeit noch optimieren.
Man sollte es nur anders machen als diverse Pressestellen, die plötzlich Mails aussenden, dass man nun per Selbstbedienung die Texte per Link downloaden kann …Andere Agenturen nutzen inzwischen gerne Newsletter, über die sie gleich mehrere Texte diverser Kunden anbieten. Wenn es den Kunden nicht stört … und er dafür bezahlt … aber vielleicht stört es mich, der etwas gegen die lieblose Versendung von Texten hat. Denn lieblose Streuung im Dutzend billiger heißt ja auch, dass man den Empfänger nicht besonders respektiert. Also weg mit dem Zeug.
Web 2.0 stellt nicht die Sein-Frage der Agenturen. Hingegen stellen sich Agenturen, die nach dem Motto "Geiz ist geil" über Online-Medien ihre Kommunikation nicht reicher, sondern lediglich kostengünstiger gestalten wollen, sich selbst ein Bein. Ich gehe ja auch künftig nicht öfter ins Kino, weil die digitale Projektion kommt. Sondern ich erwarte davon einen zusätzlichen Gewinn oder Nutzen. Damit wären wir bei der Qualitäts-Diskussion, die auch jenseits der Anforderungen von Web 2.0 neu geführt werden muss.
Zum Abschluss nur ein kleines Beispiel aus dem Recherche-Alltag, nicht nur zum Ende der Presse-Agenturen, sondern auch zum Ende der Pressearbeit: Pressedame meldet sich und hört kaum zu. Antwortet, dass sie auf einen Termin muss und für das Anliegen nicht zuständig sei: Geben Sie es per E-Mail rein oder rufen Sie unsere Agentur an. Statt meine Nummer zu notieren und ihren Job zu machen, gibt sie mir gnädig die Durchwahl eines möglichen Ansprechpartners. Dort ist am nächsten Tag eine freundliche Sekretärin am Telefon, die sich im Business-Knigge versteht und Telefonnummern und Anliegen notieren kann. Später ruft dann die Agentur zurück, die sich allerdings in dem Themenfeld nicht auskennt, aber den Kontakt zu dem Ansprechpartner herstellen will. Rückfrage nach einer Woche, da kein Kontakt zustande kommt. Ja, der Zuständige sei im Megastress. Klar, habe volles Verständnis, da ich nicht so wichtig bin, kann ich gar nicht soviel Stress haben. Auch nicht soviel wie die Agentur, die nicht in der Lage scheint, eine Zwischennachricht zu geben. Aber stattdessen auf ihrer Websites mit Kundenzufriedenheits-Auszeichnungen wirbt.
Wir könnten das Szenario jetzt noch einmal unter Web 2.0-Bedingungen durchspielen – und die Kommunikatonsversuche mit Realnamen twittern. Könnte eine prima Unterhaltungssendung über PR werden.
Roland Keller
Journalisten haben manchmal – wie ich finde – ein falsches Bild: PR-Agenturen sind ausschließlich ihren Kunden verpflichtet – wie die Journalisten ihrem Leser. Beide Berufsgruppen haben nur dann ein Interesse aneinander, wenn es dem Kunden oder Leser dient.
Meiner Meinung nach ist Freundlichkeit immer gut. Das hat mir meine Mama beigebracht und es gilt nicht nur für PRler, sondern auch für Journalisten. Diese Überzeugung scheint sich aber noch nicht komplett durchgesetzt zu haben. Das finde ich sehr schade.
P.S.: Natürlich kann es auch immer mal passieren, dass ihre Anfrage hinten runter fällt – sollte es nicht, tut’s aber. Insofern werbe ich für Nachsicht – auch auf Journalistenseite.
Raden Sie nicht nur drum rum, lieber Herr Keller, sondern nennen Ross und Reiter. Nur so gäbe es eine Chance, dass sich in Richtung seriöser Qualifizierung was ändert.
Es erschreckt mich zudem immer mehr, wie unprofessionell heutzutage Pressetexte geschrieben werden – vollgehäuft mit handwerklichen Fehlern!
Bin zudem gespannt, ob die PR-Schaffenden merken, dass sie mit ihrem Informationsmüll an dem Ast sägen auf dem sie sitzen. Wir sollten über abnehmenden Qualitätsjournalismus tieftraurig sein.
Der Koch und der Kellner sind sich schon immer uneins. Und doch müssen sie miteinander auskommen und machen ihren job, als gäbe es ihn morgen nicht mehr. So gesehen werden sich auch Presse und PRler immer an den Haaren ziehen.
Der Koch wirft dem Kellner vor, er könne nicht kochen. Der Kellner, dass der Koch mal einfach kein Feingefühl an den Tag legt.
Der Journalist verurteilt den PRler, er ist unprofessionell. Wir PRler rechnen Ihnen die schwalbrüstige Arroganz nicht hoch an.
Es gäbe noch mehr Parallelen. Wie ich doch erkennen muss, ist es einfach über die Fehler des anderen einzuschlagen, als sie dem anderen zuzuschreiben und auf Besserung zu hoffen. Wir haben auf beiden Seiten viele Leichen im Keller. Wollen wir sie wirklich ausgraben?
cheerio.
Vermutlich hat Harold Burson doch recht damit, dass PR zu wichtig sind, um sie den PR´lern zu überlassen.