Wer zum ersten Mal ein Blog besucht, ist zunächst einmal überrascht, wenn nicht sogar entsetzt. Wo bin ich hier nur gelandet nach meiner Suchmaschinenodysee? Niemand erklärt einem Blogbesucher, dass er im Web 2.0-Kosmos unterwegs ist, in dem jeder sich selbst zurecht finden muss. Usabilty ist viel zu sehr Web 1.0. Stattdessen verschwimmen im Web 2.0 die Grenzen und Text-Hierarchien, was immerhin neue Möglichkeitsräume eröffnet, aber nicht unbedingt der Orientierung dient. Niemand liest an dieser Stelle von oben nach unten. Stattdessen bewegen wir uns linkweise und nehmen nur kurze Contenthäppchen zu uns, die den ersten Hunger der Neugierde befriedigen. Kundenservice war gestern. Ist das die Arroganz der neuen/alten digitalen Boheme?
In der Suchmaschine erscheinen die Titel und Auszüge aus dem Blogartikel, mehr nicht. Einen Hinweis auf Qualität liefern allenfalls die qualifizierten Social Bookmarker von Mister Wong und Co., nicht aber die Google-Robots. Demgegenüber erscheinen in einem RSS-Feed oftmals nur die Überschrift und ein Teaser-Text. Das macht deutlich, wie wichtig eine gute Überschrift, ein schönes Design und der Einstieg für den Erfolg eines Blogs sind. Wer auf diese Leseentscheidungen keinerlei Rücksicht nimmt und glaubt, dass seine guten Inhalte ohnehin überzeugen, darf sich nicht wundern, wenn die Zahl der Besucher mit der Zeit eher rückläufig ist. Der Content Darwinismus lässt wenig Raum für langweilige Inhalte.
Entscheidend sind Dritte, die in ihren Artikeln einen ersten Eindruck vermitteln, indem sie über das Blog sprechen und auf einzelne Artikel verlinken. Damit unterstützen sie jedesmal dessen Glaubwürdigkeit, vermitteln per digitaler Mundpropaganda Lesehinweise, geben somit linkend Credits, die die Blogger nur mit informativen und unterhaltsamen Beiträgen einlösen können. Ansonsten verlassen die Besucher schnell mit einem Klick die digitale Einöde, ohne deren Tiefen und Längen wahrgenommen zu haben. Reputation entsteht durch eine allererste Einschätzung, kompetente Ideen und durch eine Fremdbeschreibung durch Blogger oder Journalisten, die die Wertigkeit eines Blogs und des Herausgebers bestätigen.
Wer nichts über sein Geschäftsmodell, seine Person und sein Unternehmen auf der ersten Blogseite verrät, darf sich nicht wundern, wenn er darüber keinerlei Kundenfeedback erhält. Letztlich sollte zumindest jeder Corporate Blogger bereits auf der Einstiegssite Ross und Reiter nennen, damit eine Kontaktaufnahme möglich ist. Verschämt sollte hierbei nun wirklich kein Problogger vorgehen, der darüber Geld verdienen will.
Klaus Eck
Kleine Ergänzung für WordPress-Blogs: Da gerade durch Suchmaschinen viele Besucher auf einen einzelnen Eintrag statt auf die Startseite gelenkt werden, könnte sich der Einsatz des Plugins „What would Seth Godin do?“ lohnen. Merkwürdiger Name, aber ein hilfreiches Werkzeug: Erstmalige Besucher erhalten einen gesonderten (und modifizierbaren) Hinweis, mit dem man bei der Orientierung behilflich sein kann – siehe http://www.bamberg-gewinnt.de/wordpress/archives/761
Hallo Klaus, zwar habe ich keinen Corporate Blog und möchte mit meinem Blog auch kein Geld verdienen. Aber es ist nicht ganz einfach, einen Blog zu starten, wenn man sich neu damit beschäftigt. Deshalb habe ich Public Affairs Kollegen gebeten, meinen letzte Woche gestarteten Blog zu checken, bevor ich darauf hinweise. Durch das Feed-back lernt man viel und holt sich vielleicht auch weniger blutige Nasen. Kann diese Strategie jedem nur empfehlen. Viele Grüße, Thomas