PR-Agenturen könnten von Billig-Airlines lernen und auch Discount-Ableger gründen. Dafür plädiert Julia Schweineberg, PR-Beraterin und wissenschaftlche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Münster im Neuen PR-Portal. Ihre Argumentation:
"Billigableger sind mittlerweile ein bewährtes Erfolgsrezept, die
Konsumlust der Kunden anzuregen und neue Zielgruppen anzusprechen. (…) Potenzielle Kunden gäbe es jedenfalls genug: Noch immer regiert in
vielen Firmen der Rotstift und PR-Verantwortliche müssen mit knappen
Budgets planen. Trotzdem möchten Unternehmen von der Erfahrung und
Kompetenz einer bekannten Agentur profitieren."
Zudem könnten mit einem billigeren Angebot auch Mittelständler angesprochen werden, die sich bisher keine PR-Agentur leisten konnten, so Schweineberg.
Ich bin da sehr skeptisch. Denn wie könnten Agenturen Discount-Angebote schnüren? Die wichtigsten Leistungen einer PR-Agentur sind die Beratung und das Verwirklichen von PR-Maßnahmen. In der Beratung billiger werden kann man jedoch nur, wenn man billige Berater zum Kunden schickt; in der Umsetzung könnten standardisierte Pakete ein Spar-Lösung sein. Theoretisch.
Doch wie könnte das in der Praxis aussehen? Schickt man statt des erfahrenen Beraters den Trainee zum Kunden? Und wie geht das mit den Presseinfos? Nach meiner Erfahrung ist nicht das Schreiben und Versenden zeitintensiv, sondern die Abstimmung der Inhalte mit den Kunden. Und je unerfahrener diese Kunden mit PR sind (Mittelstand), desto aufwändiger wird die Sache.
Nein, ich glaube nicht, dass Discount-PR großer Agenturen eine gute Idee ist. Denn es gibt genügend kleine Agenturen und Freiberufler, die zu günstigeren Sätzen gute Qualität liefern. Sie bieten keinen Full-Service, haben dafür jedoch andere Kostenstrukturen. Und die großen Agenturen können ihre Fähigkeiten dann gut ausspielen, wenn es beispielsweise um große Kampagnen geht. Das heißt nicht, dass per se bei den großen Agenturen alles Gold ist, was da glänzt. Doch PR ist nun mal vor allem Beratung. Und die kann man nicht mit Frühbucherrabatten für die Holzklasse verkaufen.
>> Neues PR-Portal: Billiganbieter haben Hochkonjunktur – Warum nicht auch im Agenturmarkt?
klingt nach einem billigen pr-gag. im zweifelsfall leider die qualität.
Und am Ende haben wir lauter kleine PR-Agenturen am Rande der Stadt…
Mit sowas wird man sich auf Dauer das eigene Geschäft kannibalisieren. Aber wenn es die anderen auch machen? Soll ich dann nicht vielleicht doch?
Das klassische Gefangenendilemma …
Ja, die Gefahr des Kannibalisierens sehe ich auch. Zunächst ist es ein Vorschlag, den wahrscheinlich niemand wagen würde, wenn es um klassische Unternehmensberatung ginge. Btw.: Im Neuen PR-Portal ist zu Recht kommentiert, dass ähnliche Ansätze bei Werbeagenturen gescheitert sind.
PR-Agenturen und Billig-Airlines
PR-Agenturen können von Billig-Airlines lernen: das Produkt komfortabel oder alternativ abgespeckt anbieten.
…
Billig ist nicht gleich billig – sondern billig wird preiswert, wenn der Anbieter durch intelligente Produktinnovationen (Fokus aufs Kernprodukt, schlanke Prozesse, Technologieunterstützung…) eine Dienstleistung industrialisiert. So werden die Gestehungskosten niedriger, die Qualität wird steigen (!!), die Preise werden -dramatisch- sinken… Wettbewerb pur!
Und die BERATUNG? – Ja, es wird eine Differenzierung geben, die der Markt auch fordert. In kreative und strategische Beratungsanbieter und in Umsetzer, die das prozessoptimierte doing leisten. Vielleicht bleit für Agenturen alten Zuschnitts noch ne Aufgabe als Koordinator dieser verschiedenen Anbiter, aber das wars dann auch…
Ich bin sicher, wir werden bald neue „EasyPR“-Anbieter im Markt sehen, die nicht billig, aber PREISWERT sind – und die der Branche das Fürchten lehren werden, denn darauf sind die traditionellen Anbieter nicht vorbereitet.
Würde ich heute (noch einmal) eine PR-Agentur gründen, würde ich sicher nicht die ganze Bandbreite möglicher Dienstleistungen anbieten wollen. Insofern stimme ich der Forderung nach Fokussierung auf’s Kernprodukt und schlanken Prozessen zu. Dadurch wird dann eine kleinere Agentur relativ gesehen in einigen Bereichen tatsächlich günstiger sein als eine große.
Dennoch glaube ich nicht, dass der Kunde unter dem Strich billigere PR bekommt bzw. darauf Wert legen sollte. Denn auch für die PR wird die Welt immer komplexer:
– Beispiel Pressearbeit: Die Vielfalt der Medien nimmt weiter zu
– Beispiel Issues Management/Monitoring: Weblogs, Podcasts und Foren werden für die Bildung öffentlicher Meinung zunehmend wichtiger
– Beispiel PR-Konzeption: Die Lebensstile und Ansprüche der der Stakeholder werden eher komplexer
– Beispiel PR-Evaluierung/Controlling: wird bisher eher vernachlässigt, der Rechtfertigungsdruck aber steigt (berechtigter Weise).
Ich leite aus den Beispielen ab, dass PR in vielen Bereichen aufwändiger wird. Spezialisierte Dienstleister können das abfedern, so dass der Kunde zum selben Preis wie bisher bessere Qualität bekommen kann. „Billig-PR“ als Label wäre aus meiner Sicht jedoch das falsche Signal, schon heute passt zu viel teure PR unter dem Gesichtspunkt der Qualität in diese Schublade.
Irritierend, lieber Herr Pleil, dass Sie die Größe der Agentur und nicht die angebotenen Dienstleistungen und Produkte oder gar die Qualität derselben als Grundlage für das Pricing sehen… Sollte es, bezogen auf die Größe, nicht in der PR-Welt so sein wie auch sonst da draussen – Größe generiert Kostenvorteile, also günstigere Preise? Und sollte nicht gerade bei professionellen Dienstleistungen im B2B-Binnenverhältnis nicht viel mer der Return on Investment, die Qualität, der zielführende Ansatz bei der Bewertung im Vordergrund stehen – also auch beim Pricing?
Dass viele Agenturen versuchen, Qualität über hohe Zahlen auf der Preisliste vorzugaukeln – das steht in diesem Kontext auf nem anderen Blatt… – Ihr TT
Nach den Gesetzen der Logik haben Sie recht. Einigen Dienstleistungen wird in der Praxis schon heute ein unterschiedliches Pricing zu Grunde gelegt (z.B. strategische Beratung vs. Event-Organisation).
Ich sehe im Moment jedoch kein Tool, das Kunden oder Agenturen zuverlässig bewerten hilft, inwiefern z.B. Pressearbeit, Eventorganisation oder die Redaktion eines Newsletters unterschiedlich kalkuliert werden können (geschweige denn anhand der Qualität).
Tatsächlich scheint mir, dass im Agenturbereich Größe und Preise (damit meine ich Preise, die Kunden bereit sind zu bezahlen und die Kostenstruktur) enger zusammenhängen als die Preise und die Qualität.
Innerhalb einer Agentur generiert Größe (vielleicht liege ich falsch?) nicht unbedingt Kostenvorteile im Sinne von niedrigeren Honorarsätzen. Eher umgekehrt.
Andererseits kann es im Einzelfall für einen Kunden günstiger sein, eine große Agentur mit einer breiten Palette Dienstleistungen zu beauftragen als fünf unterschiedliche Agenturen koordinieren zu müssen. Insofern stößt die von mir favorisierte kleinere und spezialisierte Agentur trotz vieler Vorteile auch an Grenzen.
Ähhh, bitte? Diese Billig-PR-Schleudern gibt es doch längst und zuhauf. Und auch in großen Agenturen bekomme ich oft nur noch die entsprechende Billig-Qualität (zum hohen Preis dann leider) – gerade in großen vielleicht manchmal sogar, jetzt mal abgesehen von den expliziten Billig-Anbietern. Einer dieser „EasyPRs“ aus dem Rhein-Main-Gebiet hat es in der Branche doch bereits zum Synonym für schlechte Massenware gebracht („die *Piieeep* dieser Welt“)…
Also, liebe Blog-Debattanten, wir sollten doch mal versuchen, scharf zwischen „billig“ und „preisführend“ zu differenzieren. Denn wir alle wissen doch, dass es nicts teureres als „BILLIG“ gibt.
Und dass der Preis keine ein-eindeutige Funktion der Qualität ist – und daher sind eben auch alle Rückschlüsse vom Preis auf die Qualität nicht zwingend, nicht stringent aussagekräftig bezüglich der Produkt- oder Dienstleistungsqualität.
Mein Punkt aber ist, dass die PR-Branche – wie auch die gesamte PSF-Industrie – aufgerufen ist, sich der Herausforderung sauberer Prozesse, klarer Kosten- und Projektstrukturen zu stellen… Und dann diese wachsende Professionalität und steigende Produktivität als entweder bessere Produkte respektive Dienstleistung oder als sinkende Preise an die Kunden weiterzugeben.
Wenn wir’s nicht tun, dann kommt der böse Markt und verheuschreckt auch noch die kleine PR-Agentur am Rande der Stadt… – TT
Aufgrund der Sommerferien ein etwas verspäteter Kommentar auch von meiner Seite:
Ich plädiere nicht dafür, dass jede große Agentur Ihren Billigableger gründen sollte. Der Text soll lediglich dazu anregen, neue Ansätze und Wege zu überdenken und nicht von vornherein auszuschließen. Denn schließlich sind viele erfolgreiche Unternehmen dadurch so erfolgreich geworden, dass sie die ausgetretenen Pfade verlassen haben (z.B. Ikea).
Dass eine solche Entwicklung im PR-Bereich auch Gefahren mit sich bringt und dass eine Umsetzung problematisch sein kann, ist mir selbstverständlich bewusst.
Wir sind natürlich alle dafür, neue Wege zu gehen und neue Ansätze zu suchen 😉
Doch ehrlich gesagt fehlt mir im Moment die Phantasie bzw. kenne ich kaum Ansätze, wie die Forderung nach Billigablegern konkret umgesetzt werden könnte. Wo lässt sich in den Arbeitsprozessen einer Agentur konkret Aufwand einsparen bzw. inwiefern lassen sich die Dienstleistungen einer Agentur in günstige Pakete schnüren?
Der einzige mir bekannte Ansatz ist – ich nenne es mal – „Huckepack-PR“, die das Ziel hat, Journalisten auf einer einzigen Veranstaltung Infos zu mehreren Kunden und verwandten Themen zu geben. So etwas gibt’s in der Medizin-PR, ist aber höchst umstritten.
Auf der anderen Seite müssten Agenturen, die Billig-Ableger gründen, einen klaren Mehrwert für die ursprüngliche Premium-Marke kommunizieren können…