Ausblick: PR im Jahr 2005

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In klassischen Medien ist es gute Tradition, am Jahresende auch einmal so frei zu sein, in die Glaskugel zu schauen. Der PR-Blogger will dem nicht nachstehen und einige PR-Trends für das Jahr 2005 auflisten – ganz unwissenschaftlich, sondern aus den Erfahrungen der letzten Monate heraus:

Strategietrends
Issue Management: Hier scheint eines der großen PR-Defizite vieler Unternehmen zu liegen. Zahlreiche Firmen – selbst aus Branchen, die oft besonderen Kommunikationsbedarf haben wie Pharma oder Chemie – haben dieses Thema bisher vernachlässigt. Sie werden lernen müssen, dass das Auswerten von Presseclippings viel zu spät ansetzt und der eigene Handlungsspielraum bereits gefährlich eingeschränkt ist, wenn ein Thema in der Zeitung steht. Denn Fälle wie Jamba in Deutschland oder Electronic Arts und Kryptonite in den USA zeigen, dass Meinung verstärkt im Internet entsteht und beispielsweise Diskussionen in Weblogs dann Einzug in die klassischen Medien halten. Allerdings müssen sich Issue Manager besonders im Internet auch mit Ängsten der Community auseinander setzen.

PR-Controlling: Die im Herbst 2004 unter anderem von der Deutschen Public Relations Gesellschaft vorangetriebene Diskussion um den Wert der Kommunikation
bzw. um Bewertungskriterien der PR wird sich fortsetzen. Anders
ausgedrückt: PR-Praktiker müssen nun ihren Weg finden, damit sie
die Frage beantworten können, welchen Anteil ihre Arbeit am
Unternehmenserfolg hat.

Media Relations: Vor allem Werbe- und Marketing-Leute
scheinen es zu sein, die größte Hoffnungen in die redaktionellen Teile
der Medien setzen und "below the line" arbeiten wollen. Vielen
PR-Profis sträubt es da die Nackenhaare; sie haben zu gut den Vorwurf
im Ohr, die PR manipuliere
hauptsächlich die Medien. Sicher wird Media Relations auch 2005 das
wichtigste PR-Instrument bleiben, und die PR wird sich in dieser
Hinsicht weiter professionalisieren. Dazu gehört beispielsweise das
Bewusstsein, dass die Presseinfo nicht immer das beste Instrument ist.

Betrachtet
man die Inhalte von Presseinformationen, so werden reine
Produktvorstellungen immer häufiger im (virtuellen) Papierkorb landen.
Denn Journalisten legen Wert auf "News to Use". Eine Presseinformation
soll deshalb ein neues Produkt nicht technik-lastig
präsentieren, sondern deutlicher als bisher zeigen, wer etwas davon hat
bzw. wie es konkret eingesetzt werden kann (s. "Personalisierung").
Insgesamt dürfte (ganz) langsam die Bedeutung der bisher bekannten
Pressearbeit zurückgehen, denn die PR sucht zunehmend Strategien,
direkte Beziehungen zu ihren Stakeholdern aufzubauen, beispielsweise
mit Hilfe von Online-PR (s. "Technik-Trends") oder Corporate
Publishing.

Kommunikationstrends
Personaliserung: Die Medien
geben diesen Trend schon seit längerem vor, und er wird anhalten:
Anonyme Organisationen werden mehr und mehr mit herausragenden
Persönlichkeiten identifiziert; Manager werden zur Marke, ähnlich wie
dies Jonathan Schwartz für
Sun vorexerziert. Das kann viele Sympathien einbringen. Doch wehe, ein
solcher Marken-Mensch verhält sich nicht politisch korrekt: Die
Auswirkung solches Fehlverhaltens auf das Image einer Firma ist schnell
zu spüren, wie wie schon das Victory-Zeichen des Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann
zeigte. Dem entgegen zu laufen scheint ein Trend in der Politik: Dort
neigt sich die Ära der reinen Medienpersönlichkeiten langsam dem Ende
zu, das Publikum fragt (wieder) mehr nach Inhalten.

– Ethik
:
In enger Wechselwirkung mit dem Image gewinnt das Vertrauen, das die
Öffentlichkeit in ein Unternehmen setzt, immer mehr an Bedeutung.
Solches Vertrauen setzt einerseits entsprechendes Handeln – voraus
(Corporate Social Responsibility und Führungsstil)), ist andererseits
eng mit kontinuierlicher Kommunikation verknüpft. Immer mehr
Unternehmen werden deshalb erkennen, dass es sinnvoll ist, die PR
frühzeitig in Unternehmensentscheidungen einzubinden. Innerhalb der PR
selbst erscheint eine notwendige Ethikdebatte am Horizont, die das
verwendete Kommunikationsmodell hinterfragt und beispielsweise (wieder)
die Abgrenzung zwischen PR und Journalismus thematisiert. Public
Affairs-Profis werden sich daran messen müssen, inwiefern die Codizes
zum Verhältnis zwischen PR und Politik eingehalten werden.

Online-PR/Techniktrends
Nachdem die Newsrooms für
Journalisten zumindest bei den meisten großen Unternehmen gelungen
sind, ebenso die Portale für Stakeholder wie Investoren, wird 2005 das
Jahr der Social Software für die Online-PR werden. Besonders die
interne Kommunikation und die Kommunikation mit Kunden können davon
profitieren. Das heißt nicht, dass Social Software in Deutschland
Mainstream wird, aber es wird nennenswerte Anwendungen geben.

Auf der technischen Seite bestimmen die folgenden Schlagworte die Diskussion:

RSS: Auf den Zug, aktuelle Informationen via RSS zu
verbreiten, dürften nun zahlreiche PR-Abteilungen aufspringen. Dabei
geht es einerseits darum, die Newsrooms für Journalisten entsprechend
zu erweitern, andererseits aber auch darum, intelligente Formate zu
finden, mit deren Hilfe die Kommunikation zu anderen Stakeholdern
verbessert wird.

Corporate Blogging: Bislang traut sich keine größere
deutsche Firma, ihre Mitarbeiter ähnlich wie Sun oder Microsoft auf den
eigenen Seiten bloggen zu lassen. Zwar dürfte es in 2005 erste Ansätze
in diese Richtung auch hier zu Lande geben, doch wird dies eine
Ausnahme bleiben. Statt dessen dürften die ersten Weblogs von
Top-Managern entstehen. Für erste hauptberufliche Corporate Blogger in
einer deutschen PR-Abteilung scheint es dagegen noch sehr früh.

Wikis: Der Nutzen von Wikis, beispielsweise in der internen Kommunikation, wird langsam erkannt. Doch auch Beispiele wie das Apfelwiki, das eine eigene Community von Apple-Usern geschaffen hat, dürften Nachahmer finden.

Podcasting: Podcasting wird derzeit vor allem mit dem
Verbreiten von Musik und journalistischen Inhalten in Zusammenhang
gebracht. 2005 wird zunächst zu diskutieren sein, welche Möglichkeiten
Podcasting für die PR bietet; auch hier sind erste Anwendungen zu
erwarten.

Insgesamt wird 2005 für die PR sicher ein wichtiges Jahr, das im
Zeichen weiterer Etablierung und Professionalisierung stehen kann.
Innerhalb der PR ist eine besonders Aufwertung von Online-Strategien zu
erwarten.

Es bleibt spannend – und spannend ist für den PR-Blogger auch, wie
seine Leser die hier gewagten Prognosen beurteilen. Nächstes Jahr kommt
dann in jedem Fall der Rückblick, der zeigen muss, wie sich die Sache
in Wirklichkeit entwickelt hat.

20 Jahre PR-Blogger

Klaus Eck
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Tools für den Arbeitsalltag

Klaus Eck
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3 Replies to “Ausblick: PR im Jahr 2005”

  1. Hallo Herr Pfeil,
    Ihrem Ausblick für die PR im Jahr 2005 kann ich voll und ganz zustimmen. Ihre vorgestellten Trends entsprechen denen, die ich für die zukünftige PR-Arbeit sehe. Es ist besonders wichtig, dass die deutsche PR-Landschaft wieder den Mut hat, soziale Themen aufzugreifen und mit glaubwürdigen Unternehmensimages präsent ist. Es hilft uns nichts, vielversprechende Produktnews zu verbreiten, wenn es im Kern der Unternehmen nicht mehr stimmt. Die Verbraucher sind heute dank Internet aufgeklärter denn je. Monitoring hilft uns, deren Meinungen und Kommentare zu erhalten. Als PR-Verantwortliche sollten wir Monitoring in unsere tägliche Arbeit einbeziehen, um einen transparenten und schnellen Austausch zu schaffen.
    Ich würde mir wünschen, dass viele Unternehmen das Jahr 2005 für das Gestalten und Leben von Werten nutzen, zum Wohle ihrer Mitarbeiter, aber auch für die Verbraucher und ganz besonders für die nachfolgenden Generationen.
    Mit besten Grüßen
    Heike Bedrich
    Talisman Kommunikation und Imagebildung

  2. Danke für den netten und konkretisierenden Kommentar. Denke, PR-Berater haben gute Möglichkeiten, mehr Verantwortung als bisher gegenüber ihren Kunden wahrzunehmen – langsam kommen auch die so genannten weicheren Themen aus der Ecke des „nice-to-have“ heraus, und es entsteht ein Bewusstsein für den Zusammenhang zu langfristigem wirtschaftlichem Erfolg. Ich für meinen Teil bemühe mich, die genannten Aspekte in der Ausbildung hervorzuheben.

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