Barcamp, ein Konferenzformat, das 2006 seine Premiere in Deutschland hatte und seitdem Jahr für Jahr professioneller sowie von den Themenschwerpunkten vielfältiger wird. Diese Art der Unkonferenz wird noch gerne belächelt, kann aber, was Lern- und Netzwerkerfolg angeht, locker mit klassischen Konferenz- oder Weiterbildungsmaßnahmen mithalten.
Ich besuchte 2007 mein erstes Barcamp und war sofort hellauf begeistert von der offenen Atmosphäre und dem Austausch auf Augenhöhe. Es war das Gegenteil von den Frontalvorträgen der klassischen Konferenz, es war dynamisch, selbstorganisiert und überall war Dialog, quasi das Konferenz-Pendant zu Social Media selbst. Ich war von diesem Format so begeistert, dass ich noch im gleichen Jahr mit der Organisation meines ersten Barcamps begann und bis heute Barcamps organisiere. Jahr für Jahr erlebe ich mit, wie die Neulinge genauso begeistert sind, wie ich damals.
Was ist überhaupt ein Barcamp?
Barcamps sind sogenannte Unkonferenzen, für die die Organisatoren lediglich den Rahmen schaffen und die Teilnehmer die Inhalte gestalten. Der Grundgedanke eines Barcamps impliziert, dass es keine Zuschauer sondern nur Teilnehmer gibt. Jeder vor Ort ist dazu aufgerufen etwas zum Erfolg der Konferenz beizutragen. Das kann durch das Anbieten einer Session, die aktive Teilnahme an einer solchen, das Berichten darüber oder eben „nur“ das Mithelfen beim Aufräumen sein.
Das Barcamp-Manifest gibt dabei nur wenige Regeln vor, die für ein dynamisches Konferenzerlebnis sorgen:
- Du sprichst über das Barcamp.
- Du bloggst über das Barcamp.
- Wenn Du präsentieren möchtest, schreibt Deinen Namen und Dein Thema in einen der Session-Slots.
- Nur drei Wörter zur Vorstellung
- Es gibt so viele Sessions parallel, wie es der Veranstaltungsort erlaubt.
- Keine vorangekündigten Präsentationen, keine Touristen sondern nur Teilnehmer.
- Präsentationen dauern so lange wie sie dauern oder bis die folgende Präsentation beginnt
- Wenn es Dein erstes Mal auf einem Barcamp ist, dann musst Du präsentieren (Ok, Du musst nicht wirklich, aber Du solltest versuchen mit jemandem gemeinsam zu präsentieren oder zumindest aktiv Fragen stellen und ein interaktiver Teilnehmer sein).
Der Ablauf eines Barcamps beginnt meistens mit einer Vorstellungsrunde der Teilnehmer, darauf folgt die Sessionplanung. In dieser schlagen Freiwillige einen Vortrag, Workshop oder eine Diskussionsrunde vor und erfragen das Interesse im Raum. Auf Basis der Meldungen sucht sich der Speaker Raum und Zeit auf dem Sessionboard aus, das wie ein Stundenplan aussieht. Ich habe selten Sessionboards gesehen, die nach dieser Runde noch große Lücken hatten. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, dass dieses Konzept funktioniert und wie viel Wissen und Erfahrung auf einem Barcamp ausgetauscht und weitergegeben wird. Dazu ist die Stimmung auf einem Barcamp ansteckend – hat einen der Barcamp-Spirit gepackt, lässt er einen nicht so schnell wieder los.
Neben regionalen Camps, die meistens digitale Kommunikation und das Internet im Allgemeinen als Themenschwerpunkt haben, gibt es eine Vielzahl an Themencamps. Diese fokussieren sich auf bestimmte Kernthemen und das in einer immer größer werdenden Vielfalt. So gesellen sich zu etablierten Formaten wie Communitycamp (Schwerpunkt Social Media und Community Management), Monitoringcamp (Schwerpunkt Social Media Monitoring) und UXcamp (Schwerpunkt User Experience) neue Formate wie zum Beispiel CRMcamp (Schwerpunkt SocialCRM), KrisenPRcamp (Schwerpunkt Krisenkommunikation) und Carecamp (Schwerpunkt Pflegende Berufe und Aufgaben).
Eine gute Übersicht über die Barcamps in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden Sie auf der Barcamp Liste, sowie beim t3n Magazin.
Warum Barcamps interessant für Ihre Mitarbeiter sind
Vor allem, wenn Sie Mitarbeiter haben, die sich mit dem Themenkomplex digitale Kommunikation beschäftigen, gibt es viele Gründe, warum ein Barcamp interessant ist.
Zunächst einmal haben Sie auf Barcamps oft die Gelegenheit, sich Speaker anzusehen, die sonst auf hochpreisigen Konferenzen referieren. Diese nutzen gerne die Möglichkeit, neue Vorträge am Publikum zu testen oder bestehende Vorträge mithilfe des Feedbacks der Barcamper zu verbessern. Darüber hinaus hören Sie hier die Menschen, die wirklich an Fachthemen arbeiten. Die Experten, die ihren Vorgesetzten die Powerpoint Slides für Konferenzen bauen, weil es besser aussieht, das Unternehmen von einer Management-Persönlichkeit vertreten zu lassen als von dem Mitarbeiter selbst.
Die Vielfalt an Menschen und Themen verleitet dazu, über den Tellerrand zu blicken. Es gibt fast immer Vorträge zu aktuellen Trendthemen und solchen, die es werden könnten. Gleiches gilt für Nischenthemen und praktische Alltagsthemen, die einem die tägliche Arbeit erleichtern. Ihre Mitarbeiter bekommen so neue Inspiration und Impulse, die sie wiederum in Ihr Unternehmen einbringen können.
Insbesondere Themencamps gehen sehr tief, was das Angebot an Vorträgen, Diskussionen und Workshops angeht. Hier tauschen sich Profis auf hohem Niveau aus. Dabei hat niemand Scheu davor, Erfahrungswerte, Best und Worst Practices zu diskutieren und dabei wirklich authentische Einblicke zu geben. Die Erkenntnisse, die aus dieser Art des Austausches gewonnen werden, können direkt auf die eigene Arbeit übertragen und angewendet werden.
Die Dynamik auf Barcamps reißt einfach mit. Statt passiv im Publikum zu sitzen, ist jeder angehalten, sich aktiv in die Diskussion einzubringen. Vorträge werden so automatisch bestmöglich an die Interessen des Publikums angepasst. Ich habe schon oft erlebt, dass ein Konferenzvortrag, der sonst bequem in 30 Minuten gehalten wurde, auf einem Barcamp selbst nach 2 Stunden noch Potenzial für weitere spannende Diskussionen gehabt hätte. Diese interaktive Umgebung führt zu großem Lernerfolg.
Nicht zuletzt zählt der Mehrwert abseits der Vorträge. Barcamps sind schlichtweg die perfekte Umgebung, um Kontakte in diesen Berufsfeldern zu knüpfen. Die entspannte Atmosphäre macht es leicht, mit anderen ins Gespräch zu kommen und die Vorstellungsrunde hilft dabei, interessante Personen zu identifizieren. So haben Sie gleich einen Gesprächsaufhänger. Viele Barcamps pflegen dazu kleine Communities zu ihren Camps, die es erleichtern, bereits im Vorfeld nach interessanten Gesprächspartnern zu schauen. In der Regel gibt es bereits am Vorabend des Barcamps ein Warm-up, bei dem sich die Teilnehmer treffen. Darüber hinaus wird der Abend gerne für gemeinsame Unternehmungen genutzt. Ausreichend Zeit also für Networking und Fachgespräche.
Fallen Ihnen noch Gründe ein, die hier noch fehlen? Sind Sie anderer Meinung? Ich freue mich auf eine Diskussion.
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Ich habe bereits zwei interne Barcamps organisiert und erfolgreich durchgeführt. Die Mitarbeiter waren hellauf begeistert und im zweiten Jahr war das Selbstbewusstsein gegenüber allem Digitalen deutlich gestiegen. Über ein Blog und eine Facebook Gruppe habe ich die Kollegen bis zum Start und danach begleitet. http://lokalkompass.wordpress.com/category/lokalcamp/
Habe ebenfalls 3 Barcamps in München mit organisiert und bin von dem Format immer noch begeistert. Interessant dabei ist, wie sich das Format auch in andere Bereiche durchsetzt z.B. das Lifeworkcamp in Stuttgart.
Oder wie der NDR ein eigenes internes Barcamp mit großen Erfolg einführte.
Nun habe ich vor das Format sogar in einen Kongress einzubauen, es wird und bleibt immer spannend.
Viele Grüße, Joachim Hummel
Schöner Artikel über Barcamps. War schon auf vielen Events dieser Art und bin immer wieder begeistert. Nun organisieren wir aktuell das erste Barcamp in Heilbronn am 29./30.3.14 | Weitere Infos http://barcamp-heilbronn.mixxt.de/