Bewegtbilder sind aus dem Netz immer weniger wegzudenken. Alexander Franz Köllner (aka ifranz) ist Gründer und Herausgeber von ifranz.tv, freiberuflicher Video- und Fotojournalist und genau der richtige Mann, um uns einige Fragen zum Thema Social Media Videos zu beantworten. Er produziert webgerechte Imagefilme und ist Spezialist für dokumentarische Fotoreportagen. Als Podcaster der ersten Stunde – ausgezeichnet mit dem Deutschen Podcast Award – gilt er als Vordenker in Sachen Social Media. Welche Bedeutung haben Videos für YouTube, Facebook & Co. heute, wie können Unternehmen damit starten, lässt sich die Produktion in-house bewerkstelligen oder ist es sinnvoller, sich professionelle Unterstützung zu holen?
Werden Videos für das Social Web den klassischen Imagefilm ablösen oder ist das nur ein Hype? Wenn ja, wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen?
In der heutigen Zeit spielen Communities wie Facebook, VZs, etc. immer mehr eine tragende Rolle. Um mit seinen Videoinhalten überhaupt noch wahrgenommen zu werden, muss man diese fast schon zwangsläufig im Social Web platzieren. Der klassische Imagefilm wird immer mehr an Bedeutung verlieren, da keine Interaktion möglich, zu unpersönlich und zu monoton.
Was sind Do’s und Don’t bei der Produktion von Videos?
Eigentlich kann man alles machen, der Künstler (Produzent) auf der einen Seite und die Betrachter auf der anderen Seite entscheiden ob es gefällt oder nicht. Meine Zielrichtung ist die gewünschte Keymessage authentisch zu vermitteln. Künstlich aufgesetzte Interviews fallen sehr schnell auf, werden im WWW dann auch ziemlich zerrissen (Beispiel hier: 1&1 – „Vertrag kommt schließlich von vertragen“).
Von der technischen Seite gesehen ist ein perfekter Ton unbedingt von Nöten. Viele tolle Aufnahmen, klasse Interviews wirken einfach nicht, wenn der Ton schlecht ist. Ich persönlich mag keine Videos, in denen 3D-Animationen den eigentlichen Inhalt „schön färben“.
Haben Sie Empfehlungen, wie Unternehmen am besten mit Social Videos starten?
Regional gesehen (NRW, Ost-Westfalen) eher wenig. Es wird immer Westaflex gesagt, leider sehe ich das nicht so. Die Synaxon Online GmbH (PC-Spezialist) hat mal den Versuch gestartet seine Produkte mit Social Videos zu vermarkten, schreibt aber eine entsprechende Stelle schon seit Monaten aus (mit wenig Erfolg).
Aus persönlicher Erfahrung nenne ich mal J. Schwarz Folienverbeitung in Bünde. Für das Unternehmen habe ich den klassischen Imagefilm produziert. Anfang des Jahres kam dann der Auftrag diesen Film auf 45 Sekunden zu kürzen. um ihn im Social Web zu platzieren:
Überregional würde ich Kodak nennen. Dort wird eine gezielte Strategie verfolgt, Leute aus dem „Blogger-Umfeld“ mit Produkten aus dem eigenen Hause auszustatten. Diese Blogger vermarkten dann (eigentlich unbewusst) die Kodak Produkte und erzielen somit eine Reichweite, die Kodak alleine nicht erreichen würde.
Zweites überregionales Unternehmen ist Honda mit dem Projekt „Live Every Litre“.
Wie können Unternehmen die Reichweite ihrer Videos erhöhen?
Die Videos in Communities wie Facebook, YouTube, etc. einstellen, denn der klassische Weg über Pressemitteilungen reicht heute nicht mehr aus.
Welche Inhalte kann man auf YouTube zeigen?
Eigentlich alles, außer die von YouTube nicht gestatteten Inhalte (Sex, Gewalt, etc.). Die Plattform ist kostenlos, lässt sich gut einbinden und zeigt dem Betrachter (oder besser spielt es ihm vor), das sich das Unternehmen mit Social Web auseinander setzt. Was meiner Meinung nach nicht mehr geht, sind verwackelte Handy-Videos. Das will keiner mehr sehen, in einer Zeit wo HD-fähige Kameras um die 150 Euro liegen …
Mit welchen Inhalten punktet man am meisten beim Publikum bzw. welche Art von Social Media Videos haben den meisten Erfolg und erreicht die größte Zielgruppe?
Gute und zugleich schwere Frage. Meiner Meinung nach sind authentische Videos, die sich auch mit dem Umfeld des Unternehmens auseinander setzten ein Pluspunkt. Große Unternehmen haben immer dann Erfolg, wenn das eigentliche Produkt nur zweitrangig im Hintergrund erwähnt wird. Persönliche Momente, wie zum Beispiel Emotionen, Menschen, Mitarbeiter punkten immer bei der Generierung von Reichweite.
Was natürlich immer ein Selbstläufer ist sind Gewinnspiele, wo der Betrachter mit einbezogen wird. Ein sehr gutes und zugleich einmaliges Projekt ist der von Canon USA und Vimeo gestartete „User generated Video contest. The Story beyond the still …" Leider regional auf die USA begrenzt.
Laut einer aktuellen Erhebung der infotainweb AG binden 2/3 der untersuchten Fachmedien Videos in ihre Webseiten ein. Warum setzen Medien mittlerweile verstärkt auf das Medium Video?
Beantworte ich aus meiner persönlichen Erfahrung. Ich sehe einen Artikel, eine PR, etc. Ist dort ein Video mit eingebunden schaue ich mir dieses zuerst an und lasse den Text sozusagen links liegen. Wo irgendwas zu klicken ist wird zuerst geklickt … Von der technischen Seite ist zu erwähnen, das die derzeitigen Bandbreiten, die Versorgung von DSL in Deutschland „videotauglich“ ist. Es gibt in Deutschland nur noch wenige Gebiete wo man Text allein von den technischen Möglichkeiten gesehen vorziehen würde.
Wie schafft man es, dass Journalisten Videos in ihre Onlinemedien einbinden?
Schauen wir uns das Beispiel „Der Westen“ an. Dort wurde der Großteil der Online Journalisten mit Flips ausgestattet und angehalten in ihren Berichten Videos mit einfließen zu lassen. Ich sehe das allerdings etwas kritisch. Ein guter Textjournalist kann nicht plötzlich seine Story mit Video füllen, genauso wenig kann ein Videojournalist plötzlich auf Text umsatteln. Nur weil es gerade populär ist Videos einzusetzen, kann man nicht alle journalistischen Gegebenheiten umwerfen.
Macht nur die Verbreitung via YouTube Sinn oder gibt es noch andere Videoplattformen, die für Unternehmen relevant sind?
Ich glaube Facebook ist nicht zu unterschätzen. Allerdings macht es wenig Sinn ein einzelnes Video auf FB zu posten. Dort erreicht man nur Abrufe mit einem Gesamtpaket Fanpage, dauerhafter Interaktion, etc. Nachteil von Facebook ist ganz klar das Reporting. Keine Abrufzahlen, keine Clickzahlen, etc. Die Plattform Vimeo ist ebenfalls sehr interessant, aber besser für Videoreihen, Dokumentationen und künstlerische Aspekte geeignet.
Wie viel kostet die Produktion von Videos für das Social Web. Kann man das mit den eigenen Ressourcen im Unternehmen noch selbst stemmen?
Von mir ein klares Ja. Social Web Videos unterscheiden sich von Fernsehproduktionen. Zwar sind diese 24/7 abrufbar (und somit auch jeder Fehler 24/7 abrufbar), aber die Inhalte sind kurzweiliger angelegt als TV-Produktionen. Allein der technische Aufwand ist geringer, somit fallen auch weniger Kosten an (auch wenn viele Medienagenturen das noch nicht so verkaufen). Es macht noch kein gutes Video aus, dem Mitarbeiter XY einfach eine Kamera in die Hand zu drücken und zu sagen: mach mal Video. Ich würde mich freuen, wenn man entweder a) Freiberuflern hier eine Chance gibt, oder b) neue Arbeitsplätze schafft.
Vielen Dank für das Gespräch
>> PR-Blogger: Corporate Video Interview 1: AMD-Veranstalter Achim Beisswenger
Klaus Eck