Die Telekom geht neue Recruiting-Wege. Sie hat eine Kampagne gestartet, in der der Bewerber interaktiv durch die Konzern-Zentrale in Bonn gehen kann und dabei verschiedene Aufgaben lösen muss. Die Aufgaben sollen einen Vorgeschmack auf die abwechslungsreichen Anforderungen geben, die den neuen Telekommitarbeiter erwarten. Aber ob es für viele wirklich so verlockend ist, Kabel in Laptops zu stecken, die Mehrwertsteuer von einem Angebot auszurechnen, Milch für den Kaffee zu holen oder die Telekomangebote anzupreisen? Zu kurz kommen die Menschen, die hinter den Jobs stehen. Es würde viel mehr bringen, wenn sie sich und ihre Jobs vorstellen würden, der Nutzer erfahren würde, wie es ihnen gefällt und was genau auf einen zukommt.
Viel Wert legt die Telekom darauf, dass die Kampagne sehr „social“ und „viral“ sei. Aber ein Video auf YouTube und zwei Buttons, die jeweils auf den Karriechannel bei Facebook und Twitter verweisen, macht eine Kampagne noch lange nicht „social“. Vor allem die Möglichkeit, zum Beispiel die Ergebnisse aus den kleinen Spielen per Twitter oder Facebook mit seinen Freunden zu teilen, fehlt völlig.
Das Video auf YouTube ist vielleicht noch sehenswert, aber eigentlich sollte sich auch in der Telekomunikationsbranche herum gesprochen haben, dass Videos nicht unbedingt viral sind, nur weil sie als solche konzipiert wurden. Und wenn dann im Kanal auch noch die Elemente, die beim Video-Netzwerk zum Verteilen genutzt werden können, komplett ausgeblendet sind, wird sich „Wissen verändert“ wohl noch schlechter verteilen. Oder wird sich wirklich jemand die Mühe machen und das Video noch einmal extra suchen, nur um es einfacher zu verteilen?
Nach eigenen Angaben handelt es sich bei der Kampagne um „die wohl aufwendigste Recruiting- Employer-Branding-Massnahme, die es in Deutschland jemals gab“: Über 6.000 Fotos mussten geschossen und 294 Videos gedreht werden. Allein die Programmierung dauerte über sechs Wochen.
Die Frage, die sich mir jedoch stellt: Braucht es das? War so viel Aufwand (und sicher auch Geld) nötig, neue Bewerber einen Ausbildungsplatz, ein Praktikum oder auch Job schmackhaft zu machen? Vor allem, wird ihnen der Job dadurch auch wirklich schmackhaft gemacht?
Das Spiel ist langwierig und teilweise auch sehr anstrengend. Bis der Nutzer alle Aufgaben gesehen und bestenfalls auch bewältigt hat, vergehen Stunden. 40 Aufgaben gilt es zu meistern, den Besten winkt eine Einladung zu einem persönlichen Treffen im Frühjahr 2011. Die Telekom hat damit ein virtuelles Assessment Center geschaffen. Interessant wäre dann zu wissen, wie viele sich an dem Spiel wirklich beteiligt haben und wie viele auch bis zum Ende durchgehalten haben.
Was der Kampagne vor allem fehlt, sind Menschen. Zwar sieht der potentielle Bewerber viele davon, aber er lernt sie und deren Job nicht wirklich kennen. Warum gibt es nicht einen YouTube-Channel, auf dem sich die aktuellen Azubis, Praktikanten oder Studenten näher vorstellen? So, wie es zum Beispiel Orange in Großbritannien gemacht hat.
Die Kampagne mag vielleicht den Zweck erfüllen, Talente für die Telekom zu finden, aber sie schafft es nicht, das Unternehmen „erlebbar, erspürbar, erfühlbar“ zu machen, wie es sich der Personalvorstand Thomas Sattelberger in der dazugehörigen Pressemitteilung wünscht. Gerade Gefühle kommen bei „Wissen verändert alles“ eher weniger auf, dafür „menschelt“ es zu wenig. Aber zum Glück gibt es einen gelungenen Facebook Karriere-Ansatz, den man doch noch besser hätte einbinden können. Aber auf der eigenen Facebook Präsenz findet sich die Kampagne bislang noch nicht , zumindest wir haben sie dort nicht gefunden.
Wie gefällt Ihnen der neue Karrierebereich der Telekom?