Haben Sie Snapchat schon ausprobiert? Was halten Sie davon? Gehören Sie zu denjenigen, die sagen: „Versteh ich nicht!“ – oder doch eher zu denen, die Gefallen an der App mit dem Geist gefunden haben? Ich bin ein großer Fan. Und es ist spannend zu beobachten, wie sich Snapchat gerade entwickelt.
Snapchat ist dabei, die Masse zu erreichen
Snapchat ist dabei, auch in Deutschland langsam aber sicher die Masse zu erreichen. Woran ich das erkenne? Immer mehr meiner Freunde erreiche ich über die App. Und ich rede jetzt nicht von meinen „Early Adopter“-Freunden, sondern den „normalen“. Von denen, die Facebook & Whatsapp nutzen, aber nicht diejenigen sind, die jeden „neuen heißen Scheiß“ sofort ausprobieren müssen. Ich kann Snapchat inzwischen als Messenger benutzen, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Und ich benutze es lieber als Whatsapp. Vor allem, sich mal eben schnell irgendwelche Momentaufnahmen zu schicken oder eine schnelle Videobotschaft dazulassen – geht alles irgendwie intuitiver bei Snapchat.
Seit zwei Jahren hat sich einiges getan
Vor zwei Jahren war ich noch ziemlich allein auf weiter Flur. Wenn ich über Snapchat kommunizieren wollte, musste ich es mit Unbekannten. Trotzdem fand ich es „damals“ schon faszinierend, neu, anders. Vor einem Jahr hatte ich dann schon die ersten bekannten Gesichter, denen ich folgen konnte und nach und nach kamen immer mehr. Auch bei Hubspot ist man übrigens der Meinung, dass Snapchat im „Adoption Life Cycle“ die Early Adopter-Phase bereits hinter sich hat und derzeit schon bei der „Early Majority“ wildert.
Die App entwickelt sich stetig weiter
Mit dem letzten Update hat Snapchat einiges getan, um noch attraktiver als Messenger zu werden. Und das wird auch einer der entscheidenden Knackpunkte werden. Je mehr Freunde über die App kommunizieren, desto größer wird der Druck auf die (Noch-)Nicht-Nutzer, auch dahin zu kommen. Die Ü30-Fraktion fordert in letzter Zeit immer lauter einige Änderungen, damit sie damit besser klar kommen. Snapchat wird diese Altersgruppe brauchen, um wirklich groß werden zu können.
Und ja, einige Punkte, wie zum Beispiel die fehlende Suche, sollten wirklich auch noch umgesetzt werden. Wobei die fehlende Suchfunktion natürlich auch eine interessante Marketing-Masche sein könnte. Dadurch, dass keine Nutzer gesucht werden können und Snapchat eigentlich nur Spaß macht, wenn man einen gewissen Stamm an Kontakten hat, sind die Nutzer „gezwungen“ ihre Snapcodes in sämtlichen anderen Netzwerken breit zu treten. Das erzeugt wunderbare Aufmerksamkeit und Reichweite.
Haltbarkeit mit 24 Stunden extrem lang
Eines der Argumente, warum Snapchat unverständlich sein solle – und das ich am wenigsten verstehe -, ist das Thema „Haltbarkeit“. Gerade ältere Nutzer oder Marketing-Menschen wollen nicht verstehen, warum die öffentlichen Posts nach 24 Stunden „schon“ wieder verschwinden. Jetzt mal ehrlich: Glaubt irgendwer wirklich – egal, ob Privatperson oder Unternehmen -, dass seine oder ihre Nachricht so wichtig ist, dass die Menschheit nicht mehr weiterleben kann, wenn sie verpasst wurde?
Schauen wir uns doch einfach mal die Haltbarkeit verschiedener Nachrichten an: Ein Radiobeitrag? In dem Moment, wo er gehört wird, ist er schon verschwunden. Ein Fernsehbeitrag? Genauso. Lassen wir jetzt mal die Mediatheken außen vor. Ein Zeitungsartikel? Landet nachdem er gelesen wurde mitsamt dem Rest der Zeitung im Kamin oder Altpapier. Ein Facebook-Posting? Interessiert vielleicht ein paar Stunden und verschwindet dann auch in den Untiefen des Streams. Niemand besucht doch die Facebookseite danach noch einmal aktiv. Ein Tweet? Ist schon nach ein paar Minuten eigentlich nicht mehr sichtbar. Und jetzt „beschwert“ sich wirklich jemand, dass ein öffentlicher Snap „nur“ 24 Stunden sichtbar ist?
Wozu überhaupt Nachrichten Ewigkeiten speichern?
Gut, private Snaps verschwinden normalerweise nachdem sie versendet wurden. Außer, man drückt (bei „Text-Snaps“) einmal lang auf den entsprechenden Snap, dann wird er gespeichert – oder man macht einen Screenshot, was ja aber eher verpöhnt ist. Wenn es jetzt nicht gerade um Adressen, Telefonnummern oder ähnliches geht, sehe ich aber auch hier eher weniger die Notwendigkeit, Snaps zu speichern. Letztendlich füllt es doch nur unnötig den internen Speicher. Ich mache es manchmal, wenn mir gerade gleichzeitig mehrere schreiben, um den Faden der verschiedenen Konversationen nicht zu verlieren. Ich werde ja auch nicht jünger.
Hochkant oder Querformat?
Eine andere Frage, die auch mir öfter gestellt wird: hochkant oder quer? Ich bin ein klarer Fan vom Hochformat. „Aber dann kann man die Videos ja gar nicht im Nachhinein vernünftig auf YouTube hochladen?!“ Richtig. Ist auch nicht Sinn und Zweck des Theaters. Die Snaps sind für Snapchat, nicht für YouTube, Facebook oder Twitter.
Wenn ich mir Snaps anschaue, habe ich mein Handy meistens in einer Hand. Hochkant. Weil ich so auch mit einer Hand schnell interagieren kann. Ich bin es gewohnt mit dem Daumen zu tippen und das Smartphone dabei in der Handfläche zu haben. Und da finde ich es wirklich nervig, wenn ich das Handy zwischendurch plötzlich kippen muss, damit ich das Foto vernünftig sehen kann. Noch schlimmer ist es, wenn „Snapper“ zwischen den Snaps auf einmal von Hoch- auf Quer-, wieder auf Hochformat wechseln und dann vielleicht das Handy noch mal auf die andere Seite kippen.
Wie Kommunikation heutzutage aussehen muss
Das Format und die Art zu kommunizieren ist neu. Viele, eher „alteingesessene“, Nutzer haben noch Berührungsängste mit der App und verstecken sich ein wenig davor – oft mit der Ausrede „das ist eh nur etwas für Jüngere“. Das momentane Nutzerwachstum zeigt aber, dass dies nicht mehr der Fall ist.
Intuitiv ist vielleicht etwas anderes, aber die Eingewöhnungszeit ist doch relativ kurz. Snapchat zeigt, was Menschen heutzutage von Kommunikation erwarten: Sie soll ehrlich, schnell, direkt und authentisch sein. Vor allem aber ist (fast) keine Nachricht so wichtig, dass sie nach 24 Stunden noch mal gesehen werden muss. Daran müssen sich aber viele wohl noch gewöhnen.
Wie wir Snapchat einsetzen? Folgen Sie uns doch:
Es ist schon besorgniserregend, wie sich die PR- und Marketingbranche derzeit weitestgehend frei von Kritik auf Snapchat stürzt. Als ob man diesmal ausnahmsweise mal keinen Trend verpassen möchte…
Wozu überhaupt Nachrichten Ewigkeiten speichern? Ihr habt da ernsthaft keine Antwort drauf? In einem Blogpost, in den ihr Arbeit, Zeit und Geld gesteckt habt? Ist dieser Blogpost auch nicht wert gespeichert zu werden? Was wäre, wenn dieser wieder nach 24h verschwindet?
Zugegeben, nicht jede Nachricht ist es wert, gespeichert zu werden, gerade PR sollte oftmals besser erst gar nicht gesendet werden, aber niemand möchte in einer Welt leben, in der man nicht nochmal nachgucken kann, was vorgestern passiert ist.
Natürlich ist es nicht schlecht, wenn es auch Medien gibt, die eine gewisse „Archivier-Funktion“ übernehmen. Natürlich braucht es auch Wikipedia, Blogs oder gar Geschichtsbücher. Darum geht es auch überhaupt nicht – auch nicht darum, dass jetzt die ganze Welt nur noch über Snapchat kommunizieren soll. Es geht darum, dass es hier eine neue Art der Kommunikation gibt und diese auch genutzt wird. Von dieser Kommunikationsform können und sollten wir eine Menge lernen und beim nächsten Mal vielleicht einfach noch einmal darüber nachdenken, ob diese Geschichte wirklich so wichtig ist, wie wir glauben.
Keiner meiner Kunden wird mich für eine Arbeit bezahlen, die schon alsbald wieder im Nirgendwo verschwindet. Und – genauso wichtig – mir macht es überhaupt keine Lust, mir pfiffige Kampagnen auszudenken, die sich schleunigst wieder in Nichts verwandeln. Hier bin ich gerne Dinosaurier: Snapchat interessiert mich vom Grundkonzept her als PR- oder Werbeinstrument überhaupt nicht. Und ganz privat wäre mir meine Zeit auch zu schade dafür.
Es gibt solche und solche Kunden. Kunden, die bereit sind, Neues auszuprobieren und Kunden, die lieber erst einmal abwarten. Hat beides sein Für und Wider. Wenn es jemandem keinen Spaß macht, Snapchat zu benutzen ist das ja auch nicht zu verteufeln. Als „Kommunikationsmensch“ sollte man sich mit diesem neuen Medium auseinandersetzen – und vor allem mit der Art der Kommunikation, die dort gelebt wird. Wenn Sie dann zu dem Schluss kommen, dass Snapchat nichts für Sie und Ihre Kunden ist, ist das eben so.