Wer hätte bei dem Thema „Social Media und Katastrophen“ gedacht, dass es so ein lustiger Abend am 27. März im ADAC Headquarter werden würde? Dirk von Gehlen glänzte mit lustigen GIFs, Marcus da Gloria Martins mit „Cat Content“ ohne Katzen und Stefan Martini heiterte gleich zu Beginn alle mit seinen lockeren Sprüchen auf. Aber der Abend des Social Media Club München hatte nicht nur Humor, sondern auch viele inhaltliche Höhepunkte zu bieten.
Eigentlich glich ja schon die Zusammenstellung der Speaker im ersten Moment einem (guten!) Witz: „Kommen ein Journalist, ein Wissenschaftler und ein Polizist zum Social Media Club…“. Tatsächlich war das Thema wegen dessen wir beim letzten Social Media Club Abend zusammenkamen aber eher ein ernstes: nämlich wie Social Media zu mehr Sicherheit und weniger Angst in der Bevölkerung beitragen kann.
Stefan Martini: „Social Media ist dem deutschen Bevölkerungsschutz sehr fremd“
Den Auftakt machte Stefan Martini, der als Wissenschaftler der Universität Wuppertal den allgemeinen Überblick über den Nutzen von Social Media im Bevölkerungsschutz beleuchtete. Er musste direkt eingestehen: „Social Media ist dem deutschen Bevölkerungsschutz sehr fremd“. Zwar haben weite Teile des Bevölkerungsschutzes den Nutzen dieser Kanäle in einer Katastrophe oder Krise bereits erkannt und soziale Medien werden mittlerweile häufig eingesetzt, um die Bevölkerung zu informieren oder zu warnen.
Der eigentlich spannende, jedoch bisher noch deutlich weniger genutzte Ansatzpunkt, an dem Social Media den Bevölkerungsschutz unterstützen könnte, ist aber ja bereits vor oder auch nach einer Katastrophe – nämlich bei der Krisenprävention oder dann, wenn es um die Bewältigung von Krisen und die Frage „Wie finde ich meine Liebsten wieder?“ geht. Parallel zum behördlich organisierten Bevölkerungsschutz, tragen auch private Anbieter wie der Facebook Safety Check oder Airbnb, die ihre Plattform in Katastrophenfällen für die kostenlose Organisation von Notunterkünften öffnen, dazu bei, neue Konzepte zu etablieren.
Marcus da Gloria Martins: „Das oberstes Ziel der Polizei München ist subjektive Sicherheit – auch in Social Media“
Unser zweiter Speaker war Marcus da Gloria Martins, der durch seine hervorragende Kommunikation während und nach dem Amoklauf in München im Juli 2016 – man möchte sagen – traurige Bekanntheit erlangte. Der Sprecher der Polizei München brachte das zuvor gehörte in den konkreten Kontext und berichtete, wie die Polizei München Social Media für ein verstärktes Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung einsetzt.
Die größte Herausforderung dabei ist, dass eine Behörde nun auf einmal nicht nur Genauigkeit, sondern auch Schnelligkeit an den Tag legen muss. Das braucht Vertrauen intern. Denn in einer Krisensituation, wie dem angesprochenen Amoklauf oder der Terrorwarnung in der Silvesternacht 2015, kann nicht jeder einzelne Tweet erst noch mit mehreren Instanzen abgesprochen werden. „Und wir sind trotzdem immer langsamer als jeder Spekulant da draußen“ musste da Gloria Martins eingestehen.
Auch von den Grenzen des nach Außen hin scheinbar unverwüstbaren Social-Media-Teams bei der Polizei München berichtete da Gloria Martins: „Nach einem Katastrophenfall haben wir in der Regel 36 Stunden Nachlauf. Wie machen sie das mit einem Team, das komplett fertig ist? Eine endgültige Antwort haben wir auch noch nicht gefunden“.
Dirk von Gehlen: Wir müssen selbst Verantwortung bei Katastrophen übernehmen und unsere Kommunikation überdenken
Wie wir als User jedoch dafür sorgen können, dass die Polizei in solchen Fällen weniger damit zu tun hat, falschen Gerüchten nachzugehen und sich auf ihre Kernaufgaben besinnen kann, versuchte uns dann der letzter Speaker des Abends, Dirk von Gehlen von der Süddeutschen Zeitung, nahe zu bringen.
„Wir sind alle zusammen in einem Prozess, in dem diese Dinge zum ersten Mal passieren. Polizei und Bevölkerung müssen gemeinsam lernen mit den neuen Gegebenheiten umzugehen“, mahnte Dirk von Gehlen die Besucher des Social Media Club München und stellte dann sieben Regeln #GegenDiePanik und für mehr Social-Media-Gelassenheit vor, die er zusammen mit Heiko Bielinski und Manuel Kostrzynski aufgestellt hat.
Sieben Gebote #GegenDiePanik auf Social Media von @dvg. Jeder sollte sich eine Scheibe davon abschneiden für den Seelenfrieden. #smcmuc pic.twitter.com/YgwNIyIici
— d.Tales (@dtales) March 27, 2017
Zuletzt wurden wir auch noch Zeuge einer „Weltpremiere“. Dirk von Gehlen stellte uns nämlich zusätzlich noch ihren neuen Aufruf zu #fairerteilen vor. Sie haben die Idee von #GegendiePanik weiterentwickelt, weil wir nicht nur in Ausnahmesituationen Social-Media-Gelassenheit verbreiten sollten, sondern diese auch in unserer alltäglichen Kommunikation mitdenken sollten.
Alles in allem war es ein sehr inspirierender und kurzweiliger Abend, der sowohl humorvolle als auch nachdenklich machende Höhepunkte hatte. Von uns, dem Orga-Team des Social Media Club München, noch mal ein großes Danke an unsere drei tollen Speaker, die zahlreichen Gäste und den Location-Sponsor ADAC.
Fotos: Thomas Kiewning
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