Im Rahmen unser Auto-Blog Serie gibt uns Uwe Knaus diesmal Auskunft über die Social Media Strategie von Daimler und seinen bisherigen Erfahrungen. Daimler ist bereits seit 2007 mit seinem Corporate Blog ein Vorbild in der Blogger Szene und im Internet. Persönlichkeit, facettenreichtum, informative Beiträge und der Mut, auch mal Neues auszuprobieren, haben den Blog sehr erfolgreich gemacht.
Uwe Knaus ist Manager Corporate Blogging & Social Media Strategy in den Corporate Communications der Daimler AG. Er ist seit Anfang 2007 für die Konzeption und den Launch des Daimler-Blogs zuständig sowie für die Moderation und strategische Weiterentwicklung. Seit Anfang 2010 steuert er den strategischen Einsatz von Social Media zur Erreichung der Kommunikationsziele.
Zum Start des Daimler-Blogs war alles noch sehr experimentell angehaucht. Daimler hat vieles ausprobiert. Heute spielt Ihr Corporate Blog im Employer Branding eine große Rolle. Wie ist es dazu gekommen?
Es war bereits 2007 unser Ziel, den Daimler-Konzern mit seinen vielfältigen Facetten möglichst breit darzustellen. Insofern wurde uns schon bei der Konzeption klar, dass das Daimler-Blog auch eine starke Wirkung in Richtung Employer Branding haben würde. Und wie erwartet, wurden vom ersten Tag an Beiträge der Kategorie „Einstieg & Karriere“ überdurchschnittlich stark gelesen.
Grund ist folgender: Ein Konzern mit 270.000 Mitarbeitern und 16 Marken wirkt auf viele Menschen groß, mächtig und undurchschaubar. Wenn man keinen kennt, der dort arbeitet, bestehen kaum Möglichkeiten, hinter die Kulissen zu schauen. Wenn nun Mitarbeiter ihre Erfahrungen ins Netz stellen – authentisch und offen – wird unser Konzern als zunehmend transparenter und das Innenleben als deutlich erlebbarer wahrgenommen; aufgrund der Firmengröße gilt dies nicht nur für Außenstehende sondern auch für die eigenen Mitarbeiter. Die Themenpalette dabei ist bunt; angefangen von der Erfolgsgeschichte eines türkischstämmigen Ferienarbeiters, über die Gründung eines schwul-lesbischen Mitarbeiternetzwerkes, bis hin zu den Möglichkeiten, Beruf und Kindererziehung unter einen Hut zu bekommen.
Was wollen Sie damit heute erreichen?
Unser ursprüngliches Ziel, das Leben hinter den Werkstoren ins Netz zu tragen und dabei mit den verschiedenen Interessengruppen in Dialog zu treten, steht immer noch unverändert.
Heute entwickelt das Daimler-Blog gerade auch in „Krisensituationen“ eine starke Wirkung in die Blogosphäre. Hier leistet das Blog besonders dann einen positiven Beitrag zur Reputation, wenn wir es frühzeitig einsetzen, um auf kritische Themen zu reagieren. Immer dann, wenn sich Krisensignale verdichten, haben wir die Möglichkeit, frühzeitig zu reagieren. Ein adäquates Posting kann bewirken, dass das Thema in der Blogsphäre oder im Netz bleibt und sich nicht auf Print oder TV ausdehnt. Natürlich ist das Daimler-Blog kein Allheilmittel gegen Krisen im Netz, aber durchaus ein wichtiges Instrument zu deren Bekämpfung.
Welche Blogartikel waren besonders erfolgreich? Wie erklären Sie es sich?
Dazu sollte „Erfolg“ erst einmal definiert werden. Nehmen wir das Kriterium „hohe Abrufzahlen“; dann sind in der Regel diejenigen Beiträge erfolgreich, die ein kontrovers diskutiertes Thema aufnehmen oder es selbst schaffen zu polarisieren. Beides führt zu einer stärkeren Kommentierung, die wiederum erhöhte Aufmerksamkeit nach sich zieht.
Erfolg kann aber auch bedeuten, dass ein Thema überhaupt im Netz Beachtung findet. Wenn eine Pressemitteilung zu einem bestimmten Thema keine signifikante Medienresonanz erreicht, kann es daher lohnend sein, das Thema zu bloggen. Beiträge mit relativ geringen Abrufzahlen können auch dann erfolgreich sein, wenn sie nur eine kleine Zielgruppe erreichen.
Guter Content allein reicht oftmals für den Blogerfolg nicht aus. Wie vermarkten Sie die Bloginhalte?
Zuerst einmal sollte man die Möglichkeiten, die einem die Blogsoftware bietet, ausschöpfen. Trackbackfunktionalität, Überschriften, Permalinkgestaltung, Tagging oder Blogdesign sind nur einige Punkte, welche die Sichtbarkeit von Beiträgen optimieren können.
Darüber hinaus spielt die Abonnierfunktion via RSS und die Sharefunktion für Facebook, Twitter oder Google+ eine wichtige Rolle.
Des Weiteren nutzen wir unsere Unternehmens- und Markenaccounts auf Facebook, Twitter und Google+, um unsere Blogbeiträge selbst in relevante Social Networks zu „verlängern“.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verlinkung des Daimler-Blogs auf unseren „klassischen“ Webseiten, wie beispielsweise der Corporate Website, der Global Media Site, oder auch im firmeninternen Mitarbeiter-Portal.
Welche Tipps haben Sie für die Neulinge, die sich nun ebenfalls als Corporate Blogger engagieren?
Ich kann lediglich die Tipps anführen, die bereits 2007 für den Start des Daimler-Blogs hilfreich waren. Vieles davon ist übertragbar und gilt heute noch. Grundsätzlich hängt der Erfolg davon ab, ob Thema und Format bei der definierten Zielgruppe ankommen. Über folgende Punkte sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen:
- Welches Ziel soll mit dem Blog verfolgt werden?
- Herrscht eine offene Unternehmenskultur vor, die Voraussetzung für eine solche Maßnahme ist?
- Hat das Blog Unterstützung oder Akzeptanz vom Management?
- Sind die Autoren sowie auch die vermeintliche Zielgruppe dialogorientiert?
- Hat das Unternehmen über längere Zeit ausreichend Themen für das Blog?
- Wie grenze ich Meinungen auf dem Blog von offiziellen Statements ab? – Blogging Policy vs. One-Voice Policy
- Formulierung von nachvollziehbaren Kommentarrichtlinien und einer Blogging Policy
- Einbindung Betriebsrat – Corporate Blogging ist Arbeitszeit
- Einführungsstrategie – Wie mache ich das Blog bekannt?
Wenn diese Punkte geklärt sind und Mitarbeiter dialogorientiert, authentisch, transparent und zeitnah bloggen, dann sollte es funktionieren.
Es gibt eine ganz eigene Auto-Blogosphäre. Wie arbeiten Sie mit Bloggern im Rahmen der Influencer Relations zusammen?
Es gibt in Deutschland eine kleine, feine Auto-Blogosphäre, mit der wir bereits seit über zwei Jahren zusammenarbeiten. Nach einem ersten Kennenlernen bei unseren Mercedes-Benz Markenworkshop in 2010 hat sich eine konstruktive Beziehung entwickelt, die wir intensiv in einer geschlossenen Facebook-Gruppe und bei Events pflegen. Dieser offene Dialog und die damit verbundenen kurzen Reaktionszeiten werden sehr geschätzt.
Wir entwickeln mit und für Blogger passende Formate so z.B. Mercedes-Benz Live Talks von großen Messen. Blogger, die nicht vor Ort sein können, haben die Möglichkeit an einem Google+ Hangout mit Vertretern des Top-Managements teilzunehmen. Hier können sie ihre eigene Fragen und die ihrer Twitter-Follower und Facebook-Kontakte einbringen.
Ein weiteres Tool für unsere Zusammenarbeit ist Mercdes-Benz Social Publish – eine Plattform, welche als Inspirationsquelle und Recherchewerkzeug für Blogger und Online-Journalisten konzipiert wurde. Hier wird eine Vielzahl von internen und externen Inhalten rund um Mercedes-Benz kuratiert und aggregiert.
Um Bloggern den Zugang zu unseren Produkten zu ermöglichen, laden wir diese selbstverständlich zu unseren Pressefahrveranstaltungen ein und ermöglichen ihnen die Nutzung unserer Pressetestwagen.
Wer bloggt alles bei Ihnen? (Bereiche, Zahl der Personen etc.)
Bis auf wenige Gastautoren, bloggen bei uns Mitarbeiter unterschiedlichster Bereiche und sämtlicher Hierarchiestufen. In der Regel sind es diejenigen, die ein Thema operativ verantworten. Das garantiert Authentizität, adäquate Reaktionen auf Kommentare, sowie eine breite Streuung der Themen.
Seit dem Start des Daimler-Blogs im Oktober 2007 haben nun etwas mehr als 400 Autoren insgesamt 680 Artikel veröffentlicht.
Was macht für Sie ein gutes Corporate Blog aus? Warum soll es jemand lesen und wie erreichen Sie das?
Ein gutes Corporate Blog lebt. Es informiert, unterhält und lädt ein zum Dialog. Das Daimler-Blog wird von bis zu 40.000 Unique Visitors pro Monat gelesen, die pro Besuch durchschnittlich acht Minuten bleiben. Diese Zahlen sind ein deutlicher Hinweis, dass wir mit unserem Konzept erfolgreich sind.
Herr Knaus, wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.
>> Robert Basic: Mercedes Social Publishing: Blogger Relations im 21. Jahrhundert
Schönes Interview und vielen Dank für das Nennen von echten Zahlen. Ich habe großen Respekt davor 400 (!) Autoren zu finden, die gute Beiträge schreiben. Wundern tut mich ein wenig die doch eher überschaubare Zahl an Besuchern. Wir (Audible.de) erreichen mit dem Hörbücher-Blog monatlich ein ähnliches Volumen. Die Verweildauer scheint mir allerdings über Durchschnitt. Acht Minuten sind beachtlich.
Unser Weg wird uns in Zukunft mehr und mehr über Gastautoren (Buch-,Hörbuchblogger, Verlage und ihr Mitarbeiter, etc.), da wir ansonsten zu schnell an interne Ressourcen-Grenzen kommen. Wir werden wohl mehr eine planenende & koordinierende Rolle für gute Inhalte übernehmen.
Viel Erfolg weiterhin. Ich habe kein Auto und auch kein Interesse am Thema, lese aber trotzdem relativ regelmässig den Daimler-Blog…
Daimler nervt 😉 Es ist wirklich beachtlich, welche Landmarks Daimler immer wieder in die (Social Media) Kommunikationslandschaft rammt, an denen sich dann alle anderen messen lassen müssen. Das setzt jede Organisation unter Druck, sich zu bewegen. Aber Hauptsache: Es bewegt sich – von daher passt das schon 🙂
Mit euren Twitter-Aktivitäten zur Hauptversammlung nervt ihr aber auch ganz schön 😉 Die On- und Offline-Variante der Twitterwall setzt andere Organisationen auch ganz ordentlich unter Druck http://www.online-investorrelations.de/2012/05/16/rwe-hauptversammlung-mit-online-und-offline-twitterwall/
Sitzen die Herren Balazs und Knaus im gleichen Büro?