Falls Sie twitternd Ihre politische Meinung äußern, andere verleumden oder angreifen, müssen sie durchaus mit juristischen Folgen rechnen. Einen rechtsfreien Raum gibt es auch auf Twitter nicht. Der Unternehmer Tobias Huch ärgerte sich vor einigen Tagen über die Demonstration einiger Mitglieder des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) beim FDP-Parteitag, weil diese sich für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben. In einem Twitter-Artikel schrieb er deshalb harsch:
Das führte zu einer Strafanzeige des BDK, weil diese sich mit dem Gestapo-Vergleich unverhältnismäßig verunglimpft sahen. Das sei eine strafrechtlich relevante Äußerung, die entsprechend geahndet werden müsse, heißt es auf der BDK-Website.
Rechtsanwalt und Law-Blogger Udo Vetter meint dazu: "An dieser Reaktion sieht man – abseits Jansens Rechtsunkenntnis zur Beleidigungsfähigkeit von Personenvereinigungen – sehr schön, wie die Herren Polizeifunktionäre und womöglich auch ihre Fußtruppen mit unbequemen und provokanten Meinungsäußerungen umzugehen meinen müssen."
Den Kontext, in dem Huch's Tweet zustande kam, konnten Außenstehende nicht nachvollziehen. Huch sah sich laut Spiegel einer feindlichen Stimmung ausgesetzt, in der er sich angegriffen fühlte. Sein Nazivergleich hätte wohl kaum so viel öffentlichte Wirkung entfaltet, wenn der BDK auf eine Anzeige verzichtet hätte. Erst dadurch ist "Gestapo 2.0"-Vergleich von medialem Interesse gewesen und einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Vorher konnte nur seine rund 150 Follower plus die Leser der Retweets davon Kenntnis nehmen. Der Reputation des Kripoverbands war das Ganze nicht unbedingt förderlich und eher ein kommunikatives Eigentor, wenn man Google News betrachtet:
In einem Blog-Beitrag des BDK heißt es:"Bei der FDP liegen die Nerven blank – FDP-Mitglied stellt BDK mit Gestapo gleich". Daraus machten viele Journalisten eine Pressemitteilung, vielleicht weil der Artikel tatsächlich in diesem Tonfall verfasst und verschickt worden ist. Jedenfalls konnte ich im Pressebereich den Kommentar nicht als Pressemitteilung entdecken, wohl aber als nicht so bezeichneter Blogbeitrag.
Gegenüber der SZ zeigte sich Huch trotzdem eher gelassen: "Die Strafanzeige ist gestellt. Das ist ein PR-Instrument. Die Staatsanwaltschaft wird sie bekommen, liest sich den Twitter-Eintrag durch und wird dann nach Paragraph 170, Absatz zwei – das heißt: keine Straftat vorhanden – das Verfahren einstellen." Zudem wunderte er sich darüber, als FDP-Delegierter und Politiker bezeichnet zu werden, wie es in dem "Kommentar" des BDK hieß.
Immerhin scheint der BDK sich durchaus mit Social Media auseinanderzusetzen. Zumindest gibt es einzelne Social Media Aktivitäten. Debatten zu diesem Fall bleiben auf der kleinen Facebook Page des BDK bislang jedoch aus. Trotz Einbindung der Facebook Fanpage in dem Unternehmensauftritt fehlen weitgehend die Fans. Bis auf die technische Realisierung fehlt dort noch alles.
Als PR-Instrument würde ich die vermutlich eher unsinnige Strafanzeige nicht bezeichnen. Diese Maßnahme zeigt eher, wie die Wirkung der Social Media Instrumente einmal mehr unterschätzt wird. Schließlich war es abzusehen, dass sich die Netzgemeinde und Journalisten auf dieses Thema stürzen und ihre eigene Geschichte daraus machen würden. Gut wegkommen weder der Twitterer noch der BDK. Stattdessen gibt es hierbei nur Verlierer in der öffentlichen Wahrnehmung. Der überzogene Vergleich verlockt jedenfalls nicht zur Solidarisierung und die juristische Attacke plus Blogartikel wirken völlig überzogen und nur schlagzeilentauglich: Mit juristischer Keule gegen 140 Zeichen, das ist ein vergebliches Unterfangen. Es lohnt sich in der Regel nie, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Die negative Wirkung in der Öffentlichkeit war jedenfalls in diesem Falle abzusehen.
>> Carta: “Gestapo 2.0″: BDK stellt Strafanzeige wegen Tweet von Tobias Huch
>> Golem: Kripoverband klagt wegen "Gestapo 2.0"-Vergleich
Klaus Eck
Womit wir erneut belegt hätten: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Glück gehabt!
Aber mal ehrlich: Hat ernsthaft jemand erwartet das solche Aussagen/Niederschriften ungestraft blieben?
Ich kann ja gut verstehen wenn Unternehmen ungerechtfertigt gegen Privatpersonen vorgehen, aber das hier ist ja keine Kleinigkeit. Ich möchte mich persönlich auch nicht so verunglimpft sehen, egal ob es auf Twitter in 140 Zeichen geschieht, einem Blog mit 2.500 Zeichen oder einer großen Zeitung mit 35.000 Zeichen…