Sie scheint endlich den Laufstall verlassen zu haben – die Kommunikation in der Unternehmenskrise. Den Eindruck kann man gewinnen, wenn man die mittlerweile umfangreiche Zahl von Büchern, Seminaren und Fachbeiträgen zu dieser Thematik betrachtet. Doch dabei fällt auf, dass es wohl zunächst „nur“ um die Sensibilisierung gegangen ist. Alle Beteiligten am Kommunikationsprozess in einer Krisenkommunikation oder in der Vorbereitung darauf sollten damit mittlerweile auf eine gemeinsame Basis gebracht worden sein: Krisenkommunikation ist wichtig, man kann sich vorbereiten, man muss überlegt reagieren, man muss ehrlich sein etc. Die „zehn Punkte, worauf Sie achten müssen“ und andere Ratgeber helfen, der Krisen-PR ein wenig das Geheimnisvolle zu nehmen. Sie öffnen darüber hinaus die Disziplin auch für diejenigen in Unternehmen und Verbänden, die letztendlich nolens volens im Fall der Fälle mitkommunizieren müssen.
Die nötige Basis ist erreicht, von nun an sollte die Diskussion allerdings an Tiefe gewinnen. Es reicht nicht mehr zu sagen, was die Deutsche Bank in ihrer gewollten und ungewollten Darstellung nach außen alles falsch gemacht und zu welchen Auswirkungen dies geführt hat. Denn was Krisen-PR vor allen anderen Disziplinen der Kommunikation auch auszeichnet, ist die Individualität des Einzelfalls. Patentrezepte gibt es für die grundsätzliche Herangehensweise, nicht für deren konkrete Umsetzung. Hier können „bewährte“ Vorgehensweisen nicht nur zu keinem Ergebnis führen – wie dies bei vielen anderen Disziplinen der Fall ist – sondern das Gegenteil von dem erreichen, was man wollte. Es ist eben nicht pauschal zu beantworten, wie proaktiv die Kommunikation in der Krise sein sollte.
Lassen Sie uns im pr-blogger darüber diskutieren, wohin sich die Krisen-PR entwickelt und welche Punkte in einer differenzierteren Betrachtung auf die Agenda gehören.
Haben wir es verlernt, einfach zu reden?
Auf diese einfache Frage mchte ich zwei Leseproben von heute herunter brechen. Schlagartig wird mir wieder klar, warum Weblogs in der Wirtschaft so langsam Akzeptanz finden. Sie bringen es auf den Punkt und werden konkret! Mit bedeutungsschwanger…
Ich hab in diesen Blog bisher nur ganz selten reingeschaut. Durch den aktuellen Beitrag fühle ich mich allerdings schon ein bisschen zu einem Kommentar veranlasst.
Ich bin Psychologe und speziell im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie wissenschaftlich tätig, allerdings vielleicht nicht so ganz firm, was Themen wie Werbung und Außendarstellung von Unternehmen anbelangt.
Was mir zu dem Beitrag einfällt: PR = PUBLIC Relations … d.h. die AUSSENdarstellung gegenüber einer Öffentlichkeit. Eine Öffentlichkeit, die man allgemein als Stakeholder bezeichnen könnte, d.h. Interessengruppen, die „irgendwie“ mit einem Unternehmen zu tun haben – z.B. Kunden, die sich nicht nur für den Preis eines Produkts interessieren, sondern zunehmend auch für Dinge wie ökologische und soziale Verträglichkeit von Unternehmensentscheidungen.
Was mir dabei etwas untergeht, ist die unternehmensinterne Kommunikation, d.h. ggü. Mitarbeitern. Ich kann nun speziell zur DeuBa nichts sagen (wenn ich etwas sagen könnte, würde das wiederum auch unter den Datenschutz fallen). Ich weiß jedenfalls nicht, wie dort intern Unternehmensentscheidungen begründet und Entscheidungsprozesse transparent gemacht werden. Manchmal erlebe ich es allerdings in Unternehmen, dass bewusst ein „Deckel drüber gehalten“ wird, um Mitarbeiter „nicht zu beunruhigen“, wenn Veränderungen anstehen oder auch wenn Mitarbeiterbefragungen durchgeführt worden sind und über die Frage entschieden wird, in welchem Umfang die Ergebnisse den Mitarbeitern mitgeteilt werden sollen. Da fängt es schon irgendwo an. Und auch dass sich doch eine Reihe von Unternehmen dagegen sträuben, die Gehälter für das Management offenzulegen. Es herrscht in weiten Bereichen an Mangel an Transparenz. An dieser „internen Kommunikation“ sollte aus meiner Sicht als erstes angesetzt werden.
F.R. hat natürlich recht, in der Krisen-PR ist es eine der wichtigsten Aufgaben, das Unternehmen und damit seine Mitarbeiter zu informieren und von Anfang an in den Kommunikationsprozess miteinzubinden (übrigens richtet sich PR grundsätzlich an alle Gruppen, die etwas mit dem Unternehmen zu tun haben, auch die internen). Gerade bei der internen Kommunikation zeigt sich, wie informativ und offen ein Unternehmen wirklich ist.
Und in der Krisensituation „spricht“ das Unternehmen dann durch jeden Mitarbeiter, der von Verwandten und Bekannten auf die Krise angesprochen wird. Spätestens hier rächt sich dann, wenn Mitarbeiter nur spekulieren statt informieren.
Siehe früheren Blog Eintrag von mir:
http://www.fime.ch/ekston/blog/?p=19
Ich bin somit, gerade in kleineren Krisen oder Restrukturierungen, nicht unbedingt der Meinung, dass alle Mitarbeiter von Anfang an informiert werden müssen. Gerade hat ein Kunde von mir einen Umzug von 250 Mitarbeitern an einen 8km entfernten Standort bekannt gegeben und tatsächlich einen Tag später bereits eine Mitarbeiter-Petition am Hals. Nicht alle Personen reagieren auf Krisen oder erschwerte Situationen gleich.
@ Philip Büchler:
„Gerade hat ein Kunde von mir einen Umzug von 250 Mitarbeitern an einen 8km entfernten Standort bekannt gegeben und tatsächlich einen Tag später bereits eine Mitarbeiter-Petition am Hals.“
Das ist ja wohl auch wenig verwunderlich, wenn ich mal davon ausgehe, dass das Ganze so abgelaufen ist, wie wortwörtlich dargestellt = die Führung trifft eine Entscheidung und konfrontiert die Mitarbeiter unerwarteterweise damit 😉
8 km können durchaus eine weite Strecke sein – z.B. für Leute, die kein Auto haben und in einer Gegend wohnen, wo es mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas schlecht ausschaut.
Wie wäre es denn,
– wenn der Kunde seinen Mitarbeitern die Gründe für den Umzug anschaulich darlegt?
– noch besser: wenn der Kunde seine Mitarbeiter von Anfang an in Entscheidungsprozesse mit einbeziehen würde?
Sorry, wenn ich manchmal etwas utopische Ansichten pflege 😉
(Allerdings gibt es Unternehmen, wo zumindest so etwas wie ein konsultativer Führungsstil gehandhabt wird, d.h. die Auffassungen der Mitarbeiter zumindest im Vorfeld angehört werden und dann zumindest bekannt ist, dass eine solche Entscheidung ansteht. Was auch noch recht weit entfernt ist von Partizipation im Sinne eines Bottom-Up-Ansatzes aber auf jeden Fall eher für Zufriedenheit und Commitment bei den Mitarbeitern sorgen dürfte.)
Linktipp: Krise: Monitoring
Djure Meinen von pressrelations hat in seinem Blog 50Hz einen sehr guten Beitrag (Wege aus der Krise: Entspannt Euch!) über das Thema Krisen-PR und Blogmonitoring geschrieben. Anlass für den Beitrag scheint eine Konversation…
Tipp: „Vertrauen schaffen in Krisen durch Kommunikation“
Das ist der grundlegende Gedanke des vom Land Tirol, SVWP und MCI publizierten Leitfadens „Kommunikation vor, während und nach der Krise“.
Die Autoren Sabine Volgger, Siegfried Walch, Martin Kumnig und Bernhard Penz reflektierten die Kommunikationsaktivitäten des Landes Tirol im Rahmen des Hochwasserereignisses 2005 und entwickelten aus diesen Erfahrungen einen Leitfaden für Einsatzleiter und Kommunikationsverantwortliche.
Die Publikation ist als PDF-Download unter http://www.svwp.at abrufbar und als Druckwerk in der Abt. Öffentlichkeitsarbeit des Landes Tirol und dem Universitätsverlag STUDIA erhältlich.
SVWP Kommunikationsmanagement GmbH ist Mitglied von pro:campaigning in Österreich.