Doris Eichmeier Doris Eichmeier arbeitet seit vielen Jahren als Content-Strategin, unter anderem mit und für die Eck Consulting Group. Die Medienberaterin (Dipl. TU/FU Berlin) arbeitet für Unternehmen, Unternehmensberatungen und Agenturen, die Content-Strategien und Content-Management-Prozesse brauchen, um effizienter kommunizieren zu können. Ihr Wissen gibt sie auch als Referentin in Workshops und Vorträgen weiter. Doris Eichmeier schreibt im PR-Blogger über die Themen Content-Strategien, Content-Management und Content-Produktion.

Viel Prominenz, wegweisende Themen, gute Impulse – das Content Strategy Forum 2011 in London

3 Minuten Lesedauer

„Wie war es denn, auf dem Content Strategy Forum 11 in London?“ Diese Frage bekomme ich seit meiner Rückkehr gestern immer wieder gestellt. Immerhin ist „Content Strategy“ ein Thema, das in den USA seit längerem für Furore sorgt und nun in Europa allmählich Fuß fasst. Antwort: Die Konferenz war genau wie das Wetter an der Themse: Es gab Sonne, Wind, aber auch Regen. Übersetzt: Es gab hell strahlende Vorträge, kräftige Impulse und interessante Vorschläge, um die Content-Qualität im Web zu verbessern, aber auch ein paar Aussetzer.

Aus 20 Ländern und 5 Kontinenten waren über 200 Content Strategen zu dem dreitägigen internationalen Kongress nach London gereist. Viele Stars der jungen, noch sehr US-lastigen Branche, waren vor Ort, etwa Christina Halvorson, Autorin des Buchs „Content Strategy for the web“ und Erin Kissane, Autorin des Buchs „The Elements of Content Strategy“. Die Fülle an 38 Panels und Workshops machte die Entscheidung schwer. „Wow! Overwhelming!“ so das Urteil vieler Kollegen aus den USA, dem ich mich zusammenfassend gerne anschließe.

Besuchten das Content Strategy Forum an der Themse: Inga Clausen, Christiane Becker (Syngenta), Susanne Lämmer, Roger W. Fienhold Sheen (v-li.)

Allerdings würde ich gerne etwas differenzieren. Es gab viele extrem spannende Panels, aber auch einige, die an aufgeblähte Artikeleinleitungen erinnerten und den eigentlichen Inhalte schuldig blieben. In solchen Fällen regnete es Buzzwords und lustige Geschichten („when I grew up“), untermalt mit Bildern (z.B. Tiere wie Murmeltiere, Giraffe mit Zebra etc.). Aber vermutlich ist mein deutsch geprägter Geschmack schuld daran, dass ich eher praxisrelevante Lehrstunden erwarte und weniger Unterhaltung. Anyway: Das Content Strategy Forum schaffte es, den „State of the Art“ der unglaublich vielschichtigen Disziplin abzubilden. Danke an die Organisatoren von Together, die diesen Riesen-Event gestemmt haben! (Und natürlich ein Extra-Danke für das Spitzen-Buch „Letting Go of the Words“, das ich gewonnen habe.)

Das sind meine persönlichen sechs „Content Strategy Stars“, die auf dem Content Strategy Forum sprachen:

Gerry McGovern: Der CEO von Customer Carewords brachte mit seiner Keynote alle auf den Boden der Tatsachen. Content muss dazu dienen, dass User so schnell wie möglich fündig werden. Sie wollen nicht informiert werden, sondern schnell ein Problem loswerden. Die beliebten FAQs zum Beispiel seien nichts anderes als „desastrous navigation“. Auch die Webanalyse müsse neu interpretiert werden: „To stay long on a page doesn’t mean anything“ – im Gegenteil: Je kürzer die User auf der Seite sind und ihr Problem gelöst haben, desto besser.

Schwer beeindruckend sind die 15jährigen Erfahrungen von Karen McGrane, Senior Partner bei Bond Art + Science. Sie sprach (unter anderem) über die stockende Zusammenarbeit zwischen Content-Strategen und IT. Dies müsse dringend gelöst werden, denn: „Usability comes from workflow“. An den Content Management Systemen ließ sie kaum ein gutes Haar: “CMS – the software UX forgot.” Und wie funktioniert das Management multimedialer Inhalte? Klare Antwort: durch das Trennen von Inhalt und Form – Content-Produktion sei das eine, Formanpassung an die unterschiedlichen Medien das andere.

Marko Hurst, Content Strategy Director bei Huge, hat sich der Webanalyse des Content-Erfolgs verschrieben. Er fordert, von Anfang an Webanalyse-Profis in die Content-Entwicklung mit einzubeziehen, damit diese besser erkennen können, worauf sie achten müssen und welche Analysedaten Content-Produzenten brauchen.

Ove Dalen erzählte, dass er noch vor wenigen Jahren überzeugt war, viele Informationen seien gut für Unternehmen im Web. Inzwischen macht er genau das Gegenteil davon: er mistet aus, etwa für Telenor. Seine Überzeugung: „90% can be removed.“ Umso drängender sei diese Aufgabe, um den Nutzern mobiler Geräte entgegenzukommen, die zum einen auf ihren Devices nicht viel lesen wollen und zugleich Übertragungsvolumen sparen möchten. Wer sich dazu entschließt, seine Website einer Diät zu unterziehen, sollte schrittweise vorgehen: „Never launch in an big bang but in smaller chunks.“ Und man sollte die Gelegenheit nutzen, um ein Team aus unterschiedlichen Disziplinen aufzubauen, um die Denkweise der Content-Strategie klar zu machen: „Learn content thinking to the programmers and designers.“ Bei der Projektplanung sollte man darauf achten, dass die Content-Produktion nicht als Unterprojekt von vielen behandelt wird, das sich in einen Zeitrahmen pressen lässt, sondern: „Content is witten all the time, it is not a part of the process.“

Anne Caborn führte in das Thema User Experience mit einem großartigen Vergleich ein: Sie stellte Websites mit Krankenhäusern gleich: „The equipment is working fine, patients suffer“. Und sie stellte klar: Wenn es Usern (Patienten) um Problemlösungen geht, sei vieles wenig relevant, etwa eine hübsche Aufmachung: „The Brand really doesn’t matter.“

Benjamin Fischer, Leiter der Bereiche Neue Technologien bei arte, war der offenste Referent von allen. Er berichtete, welche Ziele der Sender für den „Distributionskanal Internet“ hat. Und er machte deutlich, was es bedeutet, wenn man es ernst meint mit der Content Strategie und welche enorm komplexen Anforderungen sich daraus ergeben. „Distribution can get really complicated“, so Fischer. Es erklärte eine lange, kraftvolle Liste an „To Dos“, die er und sein Team angehen wollen, etwa das Einbinden mehrerer CMS statt nur einem, um mehr Beweglichkeit in der Content-Produktion und –distribution einzuführen. Denn Fischer hat ein Problem, das viele kennen:„The CMS is rock solid, but does not move any more.“ Hut ab für diese erfrischende, ehrliche und tiefgehende Analyse!

Auch aus Deutschland waren einige Kollegen angereist, zum Beispiel Susanne Lämmer und Sascha Stoltenow (beide Frankfurt), Inga Clausen, von KircherBurkhardt (Berlin), Roger W. Feinhold Sheen von Infotexture (Potsdam) oder Kyle Freund, Web Editor bei FairTrade International in Bonn. Danke an sie alle für den regen und interessanten Austausch.

Wer mehr über die Konferenz erfahren möchte: Sehr lesenswerte Zusammenfassungen schrieben Martin Belam und James Perrin. Interessant ist auch der Artikel „Content strategy needs content architecture (and vice versa)“ des Redners Cleve Gibbon.

Das  nächste Content Strategy Forum findet in Kapstadt, Südafrika, statt. Schade, das ist mir dann doch ein wenig zu weit weg. Wäre gerne wieder dabei gewesen. Aber mal sehen, wo das Forum 2013 stattfindet. In diesem Jahr habe ich jedenfalls eine Reihe guter Anregungen gewonnen – das macht Lust auf mehr.

Doris Eichmeier Doris Eichmeier arbeitet seit vielen Jahren als Content-Strategin, unter anderem mit und für die Eck Consulting Group. Die Medienberaterin (Dipl. TU/FU Berlin) arbeitet für Unternehmen, Unternehmensberatungen und Agenturen, die Content-Strategien und Content-Management-Prozesse brauchen, um effizienter kommunizieren zu können. Ihr Wissen gibt sie auch als Referentin in Workshops und Vorträgen weiter. Doris Eichmeier schreibt im PR-Blogger über die Themen Content-Strategien, Content-Management und Content-Produktion.

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