Schaut man sich die stetig wachsende HR-Blog-Landschaft in Deutschland an, so könnte man den Eindruck haben, dass Social Media längst üblich und in jeder Personalabteilung angekommen sind. Klar, bewegen wir uns doch alle in einem Mikrokosmos von mehr oder weniger Experten, die sich die Finger zum Thema wundtippen und das Bewusstsein für Social Media in der HR-Szene stärken wollen. Was auch gut so ist, gibt es doch bis dato keine nennenswerten Buchveröffentlichungen zum Thema. Wie ich aber immer wieder auf diversen Veranstaltungen und Seminaren feststellen muss, sind Social Media bei Weitem noch längst nicht in der breiten Masse der Personalerszene angekommen.
Die Ergebnisse des aktuellen Social Media Recruiting Reports vom ICR (Institute for Competitive Recruiting) untermauern diese Erkenntnisse sehr gut. Zur Studie: Im Frühjahr 2011 wurden unter 334 Personalverantwortlichen im Rahmen einer Online-Befragung Daten zum Recruitingverhalten in deutschen Unternehmen erhoben. Im Detail beantwortet die Studie u. a. diese Fragen:
- Was sind die Top Recruiting-Themen 2011?
- Welche Rolle spielt Social Media Recruiting im Verhältnis zu anderen Themen im Recruiting?
- In welcher Form werden Social Media für Personalmarketing und Recruiting eingesetzt?
- Welche Plattformen werden dabei präferiert?
- Wenn Budgets in diesem Jahr umgeschichtet werden, wird der Anteil von Ausgaben für Social Media steigen oder sinken?
Aufgrund der Dynamik des Social Web und auch des langsam aber stetig zunehmenden Know-hows in den Personalabteilungen kann dies nur eine Momentaufnahme darstellen. Nichtsdestotrotz ist die Studie ein Meilenstein für eine längerfristige Beobachtung.
Wunsch und Wirklichkeit in Sachen Social Media
Zwar hält es ein Großteil der Unternehmen für wichtig, dass die Recruiter die Möglichkeiten des Social Media Recruiting kennen und nutzen, aber bisher hat nur eine Minderheit diesen Anspruch im eigenen Unternehmen. Nichtsdestotrotz ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg bei den Aktivitäten zu erkennen.
Der Blick auf die absolute Nutzung zeigt allerdings, dass ca. 60 % aller Unternehmen Facebook, Twitter, Blogs & Co. fürs Personalmarketing überhaupt nicht nutzen. Selbst Xing wird von 25 % der Firmen nicht fürs Personalmarketing genutzt. Und Facebook? Nur etwas über 8 % der Unternehmen geben an, regelmäßig Facebook zu nutzen, um auf sich als Arbeitgeber aufmerksam zu machen. Zwar hat sich hier im Verhältnis zum Vorjahr die Anzahl der Karriere-Pages mehr als verfünffacht, dennoch werden die Aktivitäten der Unternehmen bisher noch nicht in der gewünschten Form angenommen (was nicht selten an den Unternehmen selbst liegt, die zum einen diese Präsenzen nicht entsprechend kommunizieren und sie zum anderen als weiteren Marketingkanal und nicht als Plattform des Dialogs verstehen). Nach wie vor gilt aber, dass man einen Auftritt in Facebook mehr oder weniger als Königsklasse im Social Media Personalmarketing bezeichnen kann und viel mehr dazu gehört, als mal eben eine Facebook-Page einzurichten.
Der Social Media Recruiting Report macht ebenfalls deutlich, dass nahezu die Hälfte der befragten Unternehmen Facebook, Twitter, LinkedIn, Blogs & Co. für Recruitingzwecke gar nicht nutzen. Wobei einige der Medien, wie bspw. Blogs, eher für Personalmarketing als für Recruiting geeignet sind.
Auch in puncto Recruiting zeigt sich, dass das Business-Netzwerk Xing von immerhin 10 % der befragten Unternehmen nicht genutzt wird. Dass nur etwas über 4 % der Unternehmen Facebook regelmäßig nutzt, um Bewerber zu rekrutieren, überrascht aus o. g. Gründen nicht wirklich. Wobei es Beispiele gibt, wo erfolgreich über Facebook rekrutiert wurde. Interessant an den Studienergebnissen erscheint mir, dass entgegen der landläufigen Meinung, nur die Konzerne hätten Zeit und Geld für Social Media, die kleinen und mittelständischen Unternehmen überdurchschnittlich häufig Social Media Plattformen für Recruiting nutzen. Aber gerade diese zeichnen sich häufig durch flache Hierarchien und Machermentalität aus und haben bspw. auch nicht mit den Hürden eines Betriebsrates oder umfangreichen Abstimmungsprozessen zu kämpfen.
Die meisten Bewerbungen kommen über Online-Jobbörsen
Vorherrschend ist nach den Ergebnissen der ICR-Studie nach wie vor die Schaltung von Anzeigen in Print- und/oder Online-Medien. Gut 90 % der Unternehmen wählen regelmäßig diesen Weg. Die meisten Bewerbungen erhalten die Unternehmen über Online-Jobbörsen. Die eigene Karriere-Website folgt auf dem 2. Platz. Eigene Mitarbeiter und Personalberatungen kommen auf die Plätze 3 und 4. Dieselbe Reihenfolge ergibt sich auch bei den Einstellungen.
Und welche Rolle spielen Social Media? Kamen in der letzten Studie über diesen Weg nur 7 bis 8 % der Bewerbungen bzw. Einstellungen zustande, sind es diesmal immerhin mit 15 % schon fast doppelt so viel, wenn man Business-Netzwerke und Soziale Netzwerke zusammenzählt (wobei mir das Zusammenzählen immer etwas Bauchschmerzen bereitet, sind das doch zwei grundverschiedene Plattformen und Ansätze).
Für Social Media (Business Netzwerke und Soziale Netzwerke) und Stellenanzeigen bei Online-Jobbörsen wollen die befragten Unternehmen in 2011 mehr Geld ausgeben. Wie die Ausgabenverteilung im Einzelnen aussieht, veranschaulicht die letzte Grafik:
Auch wenn mit Sicherheit manchmal die Trennschärfe nicht ganz deutlich wird und auch ein unterschiedliches Begriffsverständnis (was ist Recruiting/was ist Personalmarketing?) vorherrscht, zeigt der Social Media Recruiting Report vom ICR, dass in Sachen Social Media Recruiting/Personalmarketing noch viel Luft nach oben ist.
Aber dass das Internet und insbesondere das Social Web ohnehin nach wie vor ein Stiefkind bei den Unternehmen ist, zeigt auch eine aktuelle Allensbach-Studie, die den Unternehmen mangelnde Strategien für einen ganzheitlichen Internet-Auftritt bescheinigt. Aber unabhängig von all diesen ganzen Studien reicht ein Blick auf so manche Arbeitgeber-Präsenz im Social Web oder sogar auf die Karriere-Website so mancher Unternehmen, um die brachliegenden Potenziale zu erkennen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, in dessen Tenor immer mehr Unternehmen einstimmen, ist dies ein sehr schwerwiegender Aspekt. Denn oftmals liegt es nicht daran, dass es diese Fachkräfte wirklich nicht gibt, in den meisten Fällen liegt es eher am mangelnden Engagement der Unternehmen. Denn noch längst werden nicht alle Potenziale genutzt. Umso wichtiger ist es also, dass hier ein Umdenken erfolgt.
Der komplette ICR Social Media Recruiting Report 2011 kann hier bestellt werden.
Unklar ist für
Unternehmen oft die Funktion und Ziele, welche Facebook für sie denn
überhaupt erfüllen soll – geht es um das Employer Branding, die klassische
Personalsuche, ist es eher der Aufbau eines Talente-Netzwerkes oder letztlich
eine Unternehmenspräsenz mit Public Relation-Intentionen? Solche Fragen sind
oft ungeklärt und nicht selten bestehen unklare Wischiwschi-Präsenzen, die Nutzer,
nebst dem anzunehmenden geringen Beachtungswert, mehr verwirren als
informieren. Aber auch Facebook bietet hier nur wenig bis keine Strukturen oder
Orientierungshilfen.
Der HR-Blog für HR-Praxix-Know-how: http://www.hrpraxis.ch
Social Media Recruiting muss erlernt sein und daher bietet die Firma Chrisign Gmbh spezielle Kurse für das Social Media Recruiting an. Weitere Infos unter:
http://www.social-media-recruiting.ch