Jutta Gawenda Jutta Gawenda, erstes jur. Staatsexamen und Marketing Manager (ebs), Content Developer bei riehl&pispers, danach mehrere Jahre Leiterin Geschäftsbereich New Media, wdv-Gruppe. Aktuell als Leiterin Interactive Media Solution und stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin, wdv-Gruppe, für Kunden wie AOK, Amadeus, Deutsche Rentenversicherung, Gothaer Versicherung, MDK, tätig.

Mit Design Thinking zu neuen Ansätzen im Content Marketing

4 Minuten Lesedauer

Relevanter, überzeugender und authentischer Content – das macht gutes Content Marketing aus. Die Zielpersonen sollen mithilfe des Contents genau in ihren Bedürfnissen abgeholt werden und einen Mehrwert erhalten. Aber wie kommt man da hin? Und was ist zu tun, wenn das Ziel noch unbekannt ist? Neben dem Einsatz von SEO, Datenanalyse, Konkurrenzvergleich und Studienmaterial gibt es noch einen weiteren Ansatz: Design Thinking.

 

Design Thinking: ein Ansatz um flexibel und kreativ zu bleiben

Design Thinking ist ein innovativer Ansatz zur Problemlösung und Ideenfindung, der immer häufiger in Unternehmen wie Google, Apple, Swisscom, Deutsche Bank, Volkswagen, Deutsche Bahn, Siemens, Airbnb oder Pinterest eingesetzt wird. Dabei gibt es Design Thinking schon seit den 1990ern und erste Ansätze bereits seit 1962 (Conference on Design Methods, 1962). Entwickelt wurde der Ansatz von den Gründern der Design- und Innovationsberatung „IDEO“. Seit 2005 wird Design Thinking am Hasso Plattner Institute of Design („d.school“), Stanford University gelehrt. In Deutschland gibt es seit 2007 die School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam.

„Helft uns, die Kreativität von Individuen und Organisationen zu erschließen.”
(„Help us unlock the creativity of individuals and organisations.“)
– David Kelly, Founder IDEO, d.school Stanford

In der komplexen Welt von heute suchen Unternehmen nach Methoden, flexibler und kreativer auf die sich ständig ändernde Umwelt zu reagieren. Ein Weg dazu bietet Design Thinking. Es ist geprägt durch eine interdisziplinäre, kreative Teamkultur, Kreativität fördernde (Frei-) Räume und Mitarbeiter mit sogenanntem „T-Profil“, das sind Spezialisten, die zusätzlich über Knowhow in angrenzenden Bereichen verfügen. Dabei ist Design Thinking streng genommen keine Methode, sondern eine Sammlung verschiedener Techniken.

Zentrale Merkmale des Design Thinking sind

  • der Anspruch, ein tiefes emotionales Verständnis für die Situation der Zielpersonen zu schaffen,
  • die Arbeit in interdisziplinären Teams mit verschiedenen fachlichen Hintergründen,
  • der intensive Austausch im Team und das Visualisieren der Lösungsansätze, Prototyping und Testing.

 

Die 6 Schritte des Design Thinking

Die School of Design Thinking in Potsdam lehrt Design Thinking in sechs Schritten, aufgeteilt auf zwei Phasen. Die erste Phase ist der „Problemraum“. Dieser beschäftigt sich ausschließlich mit dem genauen Verständnis des Problems, den Bedürfnissen und den Pain Points der Zielpersonen. Erst wenn das Problem verstanden und in ein knackiges Statement gegossen wurde, geht man zum „Lösungsraum“ über.

 

Der Problemraum

Die drei Schritte des Problemraums:

  1. Verstehen:
    Hier geht es darum, das Problem zu verstehen und sich einen Überblick zu verschaffen. Dazu werden Materialien und Informationen wie verschiedene Daten, Statistiken, Recherchen oder Expertenbefragungen gesammelt. Wichtig ist, die Bedürfnisse und Pain Points bei den Zielpersonen herauszuarbeiten.

    Storyboard, Foto: Jutta Gawenda.
  2. Beobachten:
    Dann heißt es, Empathie zu den Zielpersonen aufzubauen, indem man sich in deren Lebenswelt und Denkweise hineinfühlt. Das gelingt mithilfe von Interviews von Zielpersonen, Experten oder Stakeholdern. Auch kann es nützen, einfach die Zielpersonen in der entsprechenden Situation zu beobachten.
  3. Statement formulieren:
    Die gesammelten Informationen werden anschließend zu einem konkreten Statement verdichtet. Dazu müssen die Informationen strukturiert und priorisiert werden. Das kann in Form von visualisierten Personas, Storytelling oder „Wie können wir…“– Fragen erfolgen.

    „Wie können wir…“-Fragen zur Bildung des Statements, Foto: Jutta Gawenda.

 

Der Lösungsraum

Auch der Lösungsraum besteht aus drei Schritten:

  1. Ideen generieren:
    In der Ideenfindung geht es um die Generierung möglichst vieler Ideen. Hierzu eignen sich Brainstormings oder build on the ideas of others”. Die Ideen sollen nicht bewertet werden, um nichts vorschnell auszuschließen. Alle Ideen werden anschließend geclustert. Zuletzt wird die beste Idee im Votingverfahren vom Team herausgefiltert.
  2. Prototypen erstellen:
    Im folgenden Schritt wird der Prototyp auf Basis der erarbeiteten Idee erstellt. Das kann mit allen möglichen Bastel-Utensilien wie Papier, Stoff, Storyboard oder Wireframe erfolgen. Es kann auch ein Rollenspiel sein. Die Idee wird durch den Prototyp anfassbar. Während das Team den Prototyp erstellt, zeigt sich auch schon dessen Tragfähigkeit und die Machbarkeit der Idee.

    Fertiger Prototyp, Foto: Jutta Gawenda.
  3. Testen:
    Zuletzt wird der Prototyp von den Zielpersonen in deren Umgebung und Lebenswelt getestet. Dazu wird deren Feedback eingeholt, zum Beispiel durch Interviews oder Beobachtung. In der Testphase achtet man besonders auf die Machbarkeit, Umsetzbarkeit und Anwendbarkeit des Prototyps.

 

Der Einsatz von Design Thinking im Content Marketing

Wie lassen sich nun die Schritte des Design Thinking auf die Erarbeitung einer Content Marketing Strategie übertragen? Im Whitepaper „Content Distribution“ des Content Marketing Forum stellen die Autoren fest, dass Inhalte auch seit jeher „Produkte“ der Kommunikation und des Marketings sind. Auch Jessica Adamiak, Autorin bei Contently, versteht Content ebenfalls als ein Produkt. Durch dieses Verständnis wird Content wesentlich greifbarer. Und es wird klar, dass Content genauso wertvoll ist und ebenso behandelt werden sollte wie haptische Produkte.

Content-Anbieter müssen sich mit den Fragen auseinandersetzen: Was erwarten meine Kunden von mir? Wofür interessieren sie sich? Diese Fragen ähneln sehr dem Ansatz von Design Thinking. Gerade wenn das Ziel für ein Unternehmen noch nicht greifbar ist, eignet sich Design Thinking für die Erarbeitung der Content Marketing Strategie. Das Unternehmen lernt die Bedürfnisse seiner Zielpersonen genauer kennen und kann so Content mit echtem Mehrwert erstellen. Der Design Thinking Ansatz kann auch im Rahmen eines Content Audit angewendet werden und zwar, wenn die Personas erstellt werden. Wie ein solches Audit funktioniert, beschreibt Markus Elsen in seinem Beitrag „Analyse mit Konzept – So gelingt das Content Audit“.

 

Vorteile von Design Thinking im Content Marketing

Durch die Digitalisierung verändert sich Marketing derzeit enorm. Zielgruppen hören nicht mehr zu, sie erstarren im „Content Shock“. Unternehmen überbieten sich in der Lautstärke, um ein kleines bisschen Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppe zu erlangen. Mirko Lange beschreibt das in seinem Beitrag „Content Strategie: Von der Marketing-Technik zur Management-Disziplin“ sehr anschaulich. Andererseits haben Zielgruppen ein sehr gutes Gespür für wirklich authentischen Content. Dieser wird oft mit viel Aufmerksamkeit belohnt.

Das ist das Ideal, das jedes Unternehmen erreichen möchte. Durch Empathie mit der Zielgruppe und ihren Bedürfnissen ist es machbar. Design Thinking kann dabei unterstützen. Relevant bleibt nur, wer Erwartungen befriedigt, sagt Mirko Lange in seinem Beitrag. Recht hat er. In der Content Marketing Strategie kann das durch Interviews, Beobachtung, Social Media Listening oder (Online-)Umfragen geschafft werden. So können Unternehmen die Basis für passenden, Mehrwert stiftenden Content erstellen.

Design Thinking versteht sich als Sammlung von Techniken verschiedenster Disziplinen, die in Kombination die Erfolgswahrscheinlichkeit und Verlässlichkeit von nutzerzentrierten Ideen erhöhen können!
– brainbirds, 2018

Aufgrund der interdisziplinären Teamstruktur eignet sich Design Thinking gut, Silos in Unternehmen aufzulösen. Gerade im Transformationsprozess von Unternehmen ist das wichtig. Hinzu kommt, dass die digitale Transformation ebenfalls eine Content Strategie benötigt, wie Michael Schmitz in seinem Blogbeitrag „Digitale Transformation braucht eine Content Strategie“ feststellt. Im Transformationsprozess inklusive Content Strategie können Unternehmen so zweierlei erreichen: Mitarbeiter auf allen Unternehmensebenen einbinden und Silos aufbrechen.

 

Content neu denken mit „wldmr“

Das neu geschaffene Spin-off für Innovation der wdv-Gruppe, das Team „wldmr“ (gesprochen: waldemar), will Content mithilfe von agilen Methoden ganz neu denken, nachdem wir uns in der wdv-Gruppe bereits seit Längerem mit agilen Methoden befassen. Design Thinking ist im wdv Spin-off wldmr ein zentraler Ansatz und wird bereits gemeinsam mit Kunden eingesetzt, um zum Beispiel nutzerzentrierte Content Marketing Kampagnen zu entwickeln.

 

Fazit

Begreift man Content als ein Produkt, dann lassen sich die sechs Schritte des Design Thinking zur Entwicklung der Content Marketing Strategie einsetzen. Design Thinking ist insbesondere dann ein sinnvoller Ansatz, wenn das Ziel noch unklar ist und erst greifbar gemacht werden muss.

Wir werden den Ansatz weiter verfolgen und über unsere Erfahrungen immer wieder berichten. Wie seht ihr den Ansatz? Gibt es bereits ähnliche Erfahrungen oder Überlegungen? Ich freue mich auf einen Austausch mit euch!

 

 

Bildquelle:

Photo by Startup Stock Photos from Pexels

Jutta Gawenda Jutta Gawenda, erstes jur. Staatsexamen und Marketing Manager (ebs), Content Developer bei riehl&pispers, danach mehrere Jahre Leiterin Geschäftsbereich New Media, wdv-Gruppe. Aktuell als Leiterin Interactive Media Solution und stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin, wdv-Gruppe, für Kunden wie AOK, Amadeus, Deutsche Rentenversicherung, Gothaer Versicherung, MDK, tätig.

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