Wenn ein Social Network seine Geschäftsbedingungen- oder Privacy-Bedingungen ändert, ist das ein höchstsensibler Vorgang, der schnell in die Krise führen kann. Denn viele Social Networker sehen ihr Online-Profil als ihr (privates) digitales Wohnzimmer an. Das hat in den vergangenen Tagen das Social Network Facebook erfahren dürfen. Facebook behielt sich durch die neuen Nutzungsbedingungen das Recht vor, alle von einem Mitglied einmal erstellten Daten, Fotos und Videos weiterhin nutzen zu dürfen, selbst wenn jemand seinen Account löscht. Darüber haben sich viele Mitglieder aufgeregt und ihren Unmut im Web freien Lauf gelassen. Eine Freundschaftsanfrage, die ich heute erhalten habe, spricht Bände: "Wollen wir Freunde werden trotz der erschreckenden Facebook-Meldungen?"
Es gab allein auf Facebook eine Gruppe mit mehr als 76.000 Mitgliedern, die gegen die neuen Nutzungsbestimmungen protestierten. Einige Tage lang war die (kleine) Facebook-Krise in den Blogs und auf Twitter eines der Top-Themen. Das führte dazu, dass Facebook sofort Stellungsnahmen veröffentlichte und versuchte, die Empörung und Gegenreaktionen einzudämmen. Noch bevor sich CEO Mark Zuckerberg auf dem eigenen Blog zu den Änderungen der Nutzungsbedingungen äußerte, versuchten einige Facebook-Mitarbeiter (vergeblich) die "Brandherde" der Diskussion zu löschen. Im Blog "The Consumerist", der die Diskussion um den Besitz der Daten bei Facebook eigentlich anstieß, fand sich einen Tag nach der Veröffentlichung des Original-Postings schon eine Stellungnahme, die Facebooks Position verdeutlichte. Die Facebook-Macher nahmen in der Krisensituation frühzeitig Kontakt mit Bloggern und Journalisten auf (The Industry Standard). Doch das Frühwarnsystem und das gute Social Media Monitoring konnte nur das digitale Feuer sichtbar machen. An den Issues und der Kritik selbst konnte es zunächst wenig ändern.
Nachdem alle Erklärungsversuche für die Änderung der Terms of Service den Zorn der Facebook-Mitglieder und Öffentlichkeit nicht wirklich mindern konnten und die digitale Kritik immer größere Ausmaße annahm, trat Facebook den offenen Rückzug an und stellte kurzerhand die alte Version der Nutzungsbedingungen wieder her. In einem Blog-Artikel erläutert CEO Mark Zuckerberg sein Vorgehen:
"Many of us at Facebook spent most of today discussing how best to move forward. One approach would have been to quickly amend the new terms with new language to clarify our positions further. Another approach was simply to revert to our old terms while we begin working on our next version."
Facebook gibt also notgedrungen nach und zeigt sich einsichtig. Es will die Formulierung, die letztendlich zum Disput geführt hat, überarbeiten. Das Social Network zeigt sich dadurch offen für seine Kritiker und will bei künftigen Entscheidung nach stärker auf seine Mitglieder hören. Dazu hat Facebook sogar eine eigene Gruppe eingerichtet.
Damit wird das Network für seine Nutzer ein wenig transparenter. Wer als Community still und leise die AGB's ändert, dem schlägt naturgemäß Misstrauen entgegen. Es wäre sicherlich schlauer gewesen, auf die Sensibilität von Datenschützer und der eigenen Mitglieder mehr Rücksicht zu nehmen. Denn wirklich verwundert sein sollte Facebook angesichts der lauten Kritik nicht. Schließlich hat Facebook zuvor schon einige Erfahrungen in der Krisen-PR zu den Privacy-Einstellungen oder mit der Online-Werbungauf Profilen (Mitglieder als Testimonials) machen können.
>> Facebook Gruppe: How to permanently delete your Facebook-Account
>> Facebook Gruppe: People against the new TOS
>> Facebook Blog:On Facebook, People Own and Control Their Information
>> The Industry Standard – Facebook: "We have never claimed ownership" of members‘ content
>> Consumerist.com – Facebooks new Terms of Service: "We can do anything we want with your content, forever"
>> Consumerist.com – Facebook clarifies terms of service "We do not own your stuff forever"
>> Facebook Bill of Rights and Responsibilities
>> Spiegel: Facebooks AGB Ärger
Klaus Eck