Doris Eichmeier Doris Eichmeier arbeitet seit vielen Jahren als Content-Strategin, unter anderem mit und für die Eck Consulting Group. Die Medienberaterin (Dipl. TU/FU Berlin) arbeitet für Unternehmen, Unternehmensberatungen und Agenturen, die Content-Strategien und Content-Management-Prozesse brauchen, um effizienter kommunizieren zu können. Ihr Wissen gibt sie auch als Referentin in Workshops und Vorträgen weiter. Doris Eichmeier schreibt im PR-Blogger über die Themen Content-Strategien, Content-Management und Content-Produktion.

Content-Strategie braucht Tiefe und Erfahrung – Bericht über die CMC 2012

5 Minuten Lesedauer

Die Content Marketing Conference 2012 CMC machte deutlich: Vor allem am Thema unternehmensinternes Content-Management und Erfahrungen ist das Interesse groß.

Auf der CMC 2012 war es mucksmäuschenstill, als Daniel Repp seinen Vortrag hielt: Der Marketingleiter der Schwenninger Krankenkasse berichtete, mit welcher Content-Strategie er versucht, Mitglieder und Nicht-Mitglieder für das Thema Schwangerschaft zu sensibilisieren.

Repp wurde für seinen Vortrag, mit dem er in die Tiefe der Content-Praxis eintauchte, mit viel Applaus belohnt. Er war einer von elf Referenten, die sich auf der eintägigen Konferenz in Köln (15. März 2012) im 30-Minuten-Rhythmus den Content-Themen „Strategie“, „Media“ oder „Social & Mobile“ widmeten. Und es fiel auf: Sobald es um Berichte aus der unternehmensinternen Content-Praxis ging, war das Interesse der rund 160 Besucher besonders groß.

So wie bei Daniel Repp und seinem Vortrag über das Content-Projekt, mit dem die Schwenninger Krankenkasse eine Informationslücke schloss. Das Problem war: Die Krankenkasse wollte verstärkt auf Schwangerschaftsrisiken  aufmerksam machen, unter anderem wegen der hohen Kosten bei Frühgeburten. „Wir erfahren aber erst von Schwangerschaften, wenn sie schon vorbei sind“, berichtet Repp.

Um dennoch künftige Eltern in dieser Lebensphase vorsorglich begleiten zu können, eröffnete die Krankenkasse die Website Babyharmonie.de, eine bunte Mischung aus SEO-gerechtem Inhalten sowie unterhaltenden Elementen wie Gewinnspielen und Rätsel. Ein weiteres Ziel der Website: die Leadgenerierung, die durch Bestellmöglichkeiten weiterer Informationen forciert wird.

Die Schwenninger Krankenkasse agiert wie ein Medienunternehmen

Den Website-Content kaufen die Schwenninger extern. „Es gab natürlich interne Diskussionen, weil wir fachkundiges Personal haben, das ebenfalls Artikel verfassen könnte. Aber wir wollten die Sicht von außen“, sagt Repp. Die Qualität des Contents führte dazu, dass zahlreiche Kooperationspartner, zum Beispiel Baby Zauber, die Schwenninger Krankenkasse kontaktierten und gerne für wertvolle Verlinkungen sorgten.

Auch mit Adwords-Kampagnen, die das Thema Schwangerschaft in den Mittelpunkt stellen, macht Repp gute Erfahrungen. Ermutigt durch die gute Resonanz auf das Content-Projekt – die Website wird von 20.000 bis 30.000 Usern pro Monat besucht – und die gewonnenen Leads wird die Krankenkasse das Angebot ausbauen: mit einer Facebook-Seite, Audio-Podcasts sowie einem Blog. Und sie wird demnächst mit einem neuen Themenfeld online gehen.

Eine Zentralredaktion als unternehmensinterner Content-Produzent

Referent Sebastian Callies, Geschäftsführender Gesellschafter von Callies & Schewe Kommunikation, machte in seinem Vortrag deutlich, dass es bei der Entwicklung einer Content-Strategie nicht darum ginge, mehr Inhalte zu produzieren. Vielmehr müssten Content-Strategien entwickelt werden, mit denen man aus der Masse an Informationen heraussticht. „Marken könnten hier eine wichtige Rolle übernehmen – als Orientierungspunkte in der Infoflut“, rät Callies. Das können sie aber nur schaffen, wenn ihre Inhalte nützlich sind, relevant und unterhaltsam.

Damit ein Unternehmen zuverlässig guten Content für die unterschiedlichen Kanäle produzieren kann, empfiehlt Callies eine Zentralredaktion, die Inhalte aufnimmt, neu aufarbeitet und weiterleitet. „Dazu muss die Zentralredaktion immer den Kommunikationsplan des Unternehmens im Kopf haben. Sie muss wissen, was Marketing und PR vorhaben“, sagt Callies.

So könnte eine Content-Zentralredaktion arbeiten (Quelle: Callies & Schewe)

Viel Anerkennung gab es auch für den Vortrag „SEO und Content-Strategien im Produktlebenszyklus“ von Jens Fauldrath, Senior SEO-Experte Deutsche Telekom AG P&I. Er betonte, dass er nicht von SEO sprechen wolle, sondern vielmehr von „Suchbasiertem Marketing“.

Denn in seinem Beruf  gehe es darum, herauszufinden, „was der Mensch will“. Für die Informationen in dem Spiele-Shop Gamesload fährt er deshalb eine 3-Phasen-Content-Strategie: „vor dem Kauf“ – „zum Kauf“ – „nach dem Kauf“. Jede Phase benötige eine eigene Strategie und eigene SEO-Begriffe.

Jede Kaufphase braucht eine eigene Content-Strategie

Der Pre-Purchase-Phase kommt eine besonders wichtige Aufgabe zu: „Am Release-Tag muss ich vor Amazon sein!“, sagt Fauldrath. Deshalb gehe es vor dem Kaufstart nicht nur darum, Kaufinteressenten mit den richtigen Keywords anzusprechen, sondern ihnen auf der Website überzeugenden Content anzubieten, den sie wiederum bestens auf Facebook, Twitter und auf Foren weiterempfehlen – verlinken – können.

„Verkauf ist Kommunikation und das funktioniert nur mit Content “, macht Flaudrath klar und ergänzt: „Starte ich damit erst zum Release-Termin, habe ich keine Chance.“

Übrigens: Auf seiner Website Inhouse-SEO zeigt Fauldrath gegenüber Content einen Wertschätzung, die ich noch von keinem SEO-Experten in dieser Deutlichkeit gehört habe: „So gibt es gerade zwischen Contentmarketing und SEO viele Überschneidungen. Die Kollegen aus dem Contentmarketing gehen aber aus einem anderen Blickwinkel an die Themen ran. Und dieser ist auf jeden Fall erfrischend und teilweise auch besser als unserer.“

Robert Jeschonnek, Platform Strategy Advisor Microsoft, nannte in seinem Vortrag die 10 größten Fehler bei der Produktion mobilen Contents und Apps:

  1. Hören Sie auf Ihren Bauch (oder Chef)
  2. Alle Plattformen sind gleich
  3. Mobile Websites werden überschätzt
  4. Entwickler gibt’s wie Sand am Meer
  5. Testen ist für Weicheier
  6. Die inneren Werte zählen – nicht das Aussehen der App
  7. Guter Content ist teuer (>> 50% der App-User laden nur kostenlose Apps, 5 US-Dollar ist für viele das Maximum)
  8. Was die User sagen? Egal
  9. Man wird mich schon finden (>> Wichtig: prägnante Beschreibung!)
  10. Features, Feature, Features (>> Updates sind wertvoller)

Jeschonnek machte deutlich, dass eine App nicht immer Sinn machen muss, nur weil es Trend ist. Man sollte sich überlegen, ob es nicht besser ist, stattdessen oder zunächst die mobile Website zu optimieren.

Bonmots weiterer CMC-Referenten:

  • René Kühn, Geschäftsführer Contilla GmbH und zugleich Organisator der CMC 2012, betonte, dass interaktiver Content elf mal häufiger geteilt werde als starrer Content. „Der User muss sich wohlfühlen mit dem Content-Mix, er darf sich nie unter- oder überfordert fühlen“, betont Kühn. Es gehe um „Infotaiment im Dialog mit dem Kunden“.
  • Auch Andreas Wander, Head of Business Development bei Textbroker, stellte in seinem Vortrag „Viele Fragen, eine Antwort – von guten Inhalten profitieren“ den Menschen in den Mittelpunkt: „Vor lauter Monitoring darf der Mensch nicht vergessen werden, der vor dem Bildschirm sitzt. Der User ist mehr als Impressions und Klicks.“ Er habe beste Erfahrungen damit gemacht, wenn Unternehmen ihre Kunden als Teil des Verbesserungsprogramms sehen und diese in der Entwicklung miteinbeziehen.
  • Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs Axel Springer AG, sprach über die Zukunft des Contents: „Im Jahr 2020 wird es sowohl Bezahl- als auch Kostenlos-Inhalte geben.“ Zudem werde sich Content nicht mehr an den Devices ausrichten, sondern an den Rezeptionssituationen. Das sei bereits heute deutlich erkennbar, deshalb gehe es zum Beispiel darum, Apps für unterschiedliche Situationen zu entwicken, etwa für „Lean Back“ oder „On the Go“.
  • Für Erstaunen sorgte Philipp Löschner, Senior Account Manager bei Moving Image24, als er Douglas TV vorstellte und dazu auf Distanz zu YouTube ging: Man gebe seine Bildrechte ab, man habe den YouTube-Brand auf der eigenen Website, ein Website-Besucher könne mit nur einem Klick verschwinden. Zudem werde Youtube von vielen Unternehmen geblockt. „YouTube ist gut für virale Pläne, aber man muss sich die Nutzung gut überlegen“, argumentiert Löschner.
  • Melanie Tamblé, Geschäftsführerin Adenion GmbH, empfahl Online-Pressemitteilungen als Tools zur Content-Distribution: „Das sind keine Arbeitsgrundlagen für Journalisten mehr, sondern fertige Leseformate. Sie werden zu einem eigenständigen Kommunikationsinstrument.“
  • Rechtsanwalt Christian Solmecke machte die Zuhörer auf die unzähligen rechtlichen Fallstricke von Online-Content aufmerksam – etwa dass eine Facebook-Seite ein Impressum brauche, das auch „Impressum“ heißen müsse.

CMC 2012 – eine gelungene Konferenz

Der Contilla GmbH gelang in der Kölner Trinitatiskirche eine runde, informative Veranstaltung. Einen Wunsch hätte ich aber: Vorträge, die in die Praxis-Tiefe gehen – wie jener der Schwenniger Krankenkasse oder jener über die SEO-Strategien der Telekom – brauchen deutlich mehr Zeit als 30 Minuten. Wie wäre es mit einer Stunde?

Stattdessen könnte man  auf Vortragende verzichten, die allzu offensichtlich den Verkauf ihrer Dienstleistungen im Kopf haben und thematisch zu sehr an der Oberfläche blieben. Das Thema Content-Strategie verträgt und braucht viel Tiefe und Erfahrung.

Es war, zusammenfassend, vor allem das  Thema „unternehmensinternes Content-Management und -Produktion“, das die CMC-Besucher dieses Jahr in ihren Bann zog. Das liegt womöglich daran, dass dies eine elementare Aufgabe ist, die das Trendthema Content-Strategie mit sich bringt: Wie bekomme ich den Content in den Griff und wie mache ich ihn erfolgreich? In vielen Unternehmen wurde das bisher versäumt – es gibt vieles nachzuarbeiten und aufzuholen. Wer kennt Unternehmen, in denen Content-Strategie und Content-Management inzwischen systematisch angegangen wird?

Weitere Informationen zur CMC 2012:

Doris Eichmeier Doris Eichmeier arbeitet seit vielen Jahren als Content-Strategin, unter anderem mit und für die Eck Consulting Group. Die Medienberaterin (Dipl. TU/FU Berlin) arbeitet für Unternehmen, Unternehmensberatungen und Agenturen, die Content-Strategien und Content-Management-Prozesse brauchen, um effizienter kommunizieren zu können. Ihr Wissen gibt sie auch als Referentin in Workshops und Vorträgen weiter. Doris Eichmeier schreibt im PR-Blogger über die Themen Content-Strategien, Content-Management und Content-Produktion.

Tools für den Arbeitsalltag

Klaus Eck
3 Minuten Lesedauer

7 Replies to “Content-Strategie braucht Tiefe und Erfahrung – Bericht über die…”

  1. Schöne Zusammenfassung. Es ist sprima, dass das Thema nach vielen Jahren endlich wieder aktuell ist. Früher gabs nämlich Redaktionen, Themenplanungen, Content-Abteilungen und strategische Inhaltsplanung. Dann wurde das Thema Content ins Marketing transportiert, SEO hat übernommen und auf Content wurde kein Wert mehr gelegt. Jetzt gehen wir endlich wieder zur alten Content-Handarbeit zurück und müssen halt wieder die alten Strukturen, Abteilungen, Bereiche und das KnowHow herausgraben und neben Google den Kunden wieder ins Visier nehmen 😉

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