Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

Transparenz-Interview 5: Cirquent als Pionier der B2B Social Media Szene

5 Minuten Lesedauer

Im B2B-Bereich ist es möglich, über Social Media erfolgreich zu kommunizieren. Darüber haben wir vor einer Woche auf einer Veranstaltung der Profilwerkstatt in Darmstadt diskutiert (Video auf Facebook). Meike Leopold, PR-Managerin von Cirquent, glaubt an die Social Media Kommunikation und akzeptiert die neue Transparenz des Webs. Sie gehört zu den Vorreitern der Social Media Kommunikation im B2B-Umfeld. Das IT-Consulting-Unternehmen hat vor über zwei Jahren einen Corporate Blog gestartet hat – nach und nach sind weitere Social Media Aktivitäten wie zum Beispiel Twitter hinzugekommen.  

Meike Leopold Cirquent

1. Frau Leopold, Sie sind eine Corporate Bloggerin und eine Corporate Twitterin. Was heißt das für Sie persönlich? Was muss man darunter verstehen? 

Ganz konkret heißt das: mein erster „beruflicher“ Blick am Morgen gilt dem Geschehen auf dem Cirquent Blog bzw. unserer Twittertimeline – häufig checke ich das schon auf dem Weg ins Büro über mein iPhone. Welche Themen bewegen die Twitterati heute? Gibt es interessante Infos, die einen Retweet wert sind? Haben wir Kommentare auf dem Blog, auf die wir reagieren sollten? Kurzum, ich verstehe mich als „Kümmerer“, was diese Medien bei uns betrifft. Zudem fungiere ich als „Animateurin“, die den Cirquent Bloggern mit Rat und Tat beiseite steht, neue Autoren gewinnt, Aktionen auf dem Blog plant und generell im Unternehmen für mehr Engagement im Social Web wirbt. Nach außen wiederum sehe ich mich als Netzwerkerin für das Unternehmen. 

2. Frau Leopold, inzwischen bloggen und twittern Sie bereits einige Jahre lang. Das ist sicherlich viel Arbeit gewesen. Warum lassen sich Ihr Unternehmen und Sie selbst überhaupt auf diese Art der Kommunikation ein? Was bringt das für die Online-Reputation? 

Wenn man bedenkt, dass Cirquent im kommenden Jahr seinen 40. Geburtstag feiert und damit in seiner Branche schon als altehrwürdiges Unternehmen gelten darf, das noch dazu im B2B-Umfeld sein Geld verdient, setzt uns das nicht unbedingt dem Verdacht aus, eine hippe, online-affine Firma zu sein. Tatsache ist aber, dass wir mit unserer Insel in Second Life ebenso zu den Pionieren gehört haben wie mit dem Cirquent Blog, das mittlerweile über zwei Jahre alt ist und laut PR Macher als eines der drei besten Corporate IT-Blogs in Deutschland ist. Ohne ständigen Einsatz geht das natürlich nicht. Ein Benchmark von mindestens drei Blogbeiträgen pro Woche erfordert viel Planung und Vorbereitung. Mittlerweile nimmt das Engagement für Blog und Twitter mindestens zwei meiner Arbeitstage als PR-Verantwortliche in Anspruch.
Warum der ganze Aufwand? Erstens: Wir sind überzeugt, dass die Zukunft der Wissensgesellschaft gehört, in der eine Kultur der Zusammenarbeit laut Zukunftsforscher Erik Händeler entscheidend ist – Plattformen wie Blogs oder Twitter schaffen dafür eine Grundlage, denn sie eignen sich ideal für den Dialog und den Austausch – auch intern. Zweitens: Ein Blog schafft Identität. Es sorgt für Differenzierung in einem Markt mit vergleichbaren Angeboten, es gibt dem Unternehmen ein Gesicht. Das ist wichtig, wenn es um die Kommunikation mit Kunden oder auch Bewerbern geht. Drittens: Wir sind ganz vorne mit dabei. Das zahlt, im Zusammenspiel mit unseren anderen Marketing-Aktivitäten, auf die Marke Cirquent ein. 

3. Auf diese Weise gewähren Sie einen Einblick in Ihr Unternehmen. Das macht Ihr Unternehmen wesentlich transparenter. Wie haben Sie denn bisher von Ihrem Corporate Blog profitiert? 

Mit dem Blog sind wir natürlich viel offener geworden für den Dialog über die Unternehmensgrenzen hinweg. Allein die vielen neuen Kontakte, die wir dank des Blogs geknüpft haben, machen die Sache lohnenswert, denn wir bekommen dadurch sehr viele Anregungen und Impulse!
Dennoch: Mit einem Firmenblog allein ist noch kein erfolgreiches Marketing zu machen. Denn für eine Sinfonie ist ein Geiger – so virtuos er auch spielen mag – definitiv zu wenig. Deshalb hat Cirquent ein großes Marketing-„Orchester“, sprich: Wir legen Wert darauf, dass das Blog eng vernetzt ist mit den Inhalten auf unserer Website www.cirquent.de, unserer Microsite www.automotive-consultants.de, unserem Webmanual www.your-architect.de, mit unseren Podcasts oder Filmen auf Youtube, mit unserem Newsletter oder mit Twitter. Dadurch, dass sich die verschiedenen Medien sich immer wieder aufeinander beziehen und ergänzen, erreichen wir die gewünschte Aufmerksamkeit für Cirquent. 

4. Wie reagieren Sie auf kritische Kommentare im Blog? Können Sie hierzu anderen Unternehmen einige Tipps geben? 

Bei uns hat sich diese Frage bislang nicht gestellt, da wir noch keinen einzigen Kommentar hatten, der uns ernsthaft ins Schleudern gebracht hätte. Wie viele andere Blogs wünschen wir uns mehr Kommentare und Diskussionen. Grundsätzlich würde ich Corporate Bloggern dazu raten, möglichst entspannt mit Kritik umzugehen und ruhig mal eine Nacht drüber zu schlafen, bevor sie sich echauffieren und in die Tasten hauen. Das kann nämlich leicht ins Auge gehen, was die eigene Glaubwürdigkeit angeht. Und es wirkt nicht sonderlich souverän.
Man muss auch nicht unbedingt immer antworten. Wir können beispielsweise gut damit leben, dass ein Leser den ersten Blogbeitrag unseres CEO langweilig fand. Das ist sein gutes Recht. Auch die Anmerkungen von Holger Schmidt zum Blogbeitrag „Wer nicht liefert, wird entfolgt" fanden wir wertvoll für die Diskussion und hatten deshalb nichts hinzuzufügen. Grundsätzlich sehen wir kritische Kommentare immer als Chance zum Gespräch. Von unserem Hausrecht auf dem Blog würden wir nur dann Gebrauch machen, wenn Kommentare unter die Gürtellinie gehen, beispielsweise rassistisch oder sexistisch sind. Und: Halbautomatisierte Kommentare von Suchmaschinenoptimierern entfernen wir. 

5. Durch Ihr Blog sind Sie selbst als Markenbotschafterin bekannter geworden, geben zahlreiche Interviews und sind immer wieder auf Veranstaltungen als Redner aktiv. Wie verstehen Sie persönlich Ihre Rolle? Welche Aufgaben haben Sie als Markenbotschafterin? 

Nach unserem Verständnis gibt es nicht nur einen oder zwei Markenbotschafter für Cirquent. Vielmehr sind alle Mitarbeiter Markenbotschafter – ob beim Kunden vor Ort oder in einem anderen beruflichen Zusammenhang. Natürlich müssen die Kolleginnen und Kollegen dazu befähigt werden, unsere Werte „ambitioniert, durchdacht und vertrauenswürdig“ nach außen zu vermitteln. Das haben wir ganz gezielt getan im Rahmen unseres Rebrandings von Softlab zu Cirquent vor zweieinhalb Jahren. Und zwar mit eintägigen „Brandlabs“, die von der Mehrheit der Mitarbeiter besucht und begeistert aufgenommen wurden. Was das Ausfüllen dieser Rolle im Social Web betrifft, gehöre ich als Kommunikatorin bei Cirquent zu den Pionieren. Das ist zweifellos gut für unsere PR und die Marke Cirquent. Richtig PS auf die Straße bringen wir aber nur, wenn immer mehr Cirquentianer dazu kommen. Ich wünsche mir, dass möglichst viele von ihnen bloggen, twittern, xingen etc. und die Chancen aktiv nutzen, die mit diesem Engagement verbunden sind. 

6. Durch Ihre Rolle sind Sie einerseits Ansprechpartnerin für viele Journalisten, aber auch für Blogger und Twitterer. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesen Influencern gemacht? Wer ist Ihnen hierbei besonders wichtig? 

Die Blogger kann ich vielleicht etwas lockerer ansprechen, aber davon abgesehen unterscheiden sie sich meiner Erfahrung nach nicht so sehr von den Journalisten. Sie legen großem Wert auf ihre Unabhängigkeit, sind ebenso an guten Inhalten interessiert und halten nichts von Banalitäten und Marketingsprüchen. Auch die Kontaktpflege mit Bloggern erfordert genauso viel Aufwand wie die mit den Journalisten. Zumal, abgesehen von einigen Felsen in der Brandung, doch sehr viel Bewegung in der Szene ist. Was ja bei der Presse derzeit nicht anders ist. Wir beobachten besonders die Influencer-Blogs im Kommunikationsumfeld, aber auch die wichtigsten Karriereblogs sowie diverse Branchenblogs oder Blogs von Mitbewerbern. Hier fühlen wir uns allerdings nach wie vor etwas allein auf weiter Flur. ;) 

7. Wer nimmt Ihr Blog überhaupt alles so wahr? Was bringt ein Blog für den B2B-Bereich? 

Im Schnitt haben wir 200 Besucher am Tag, Feedbacks zum Cirquent Blog bekommen wir – offline wie online – von den unterschiedlichsten Leuten, seien es Mitarbeiter, Blogger, Kunden oder Journalisten. Auch in unserer Branche wird das Blog positiv wahrgenommen, wie wir in Gesprächen immer wieder feststellen können. Ein Blog schafft, wie bereits erwähnt, Identität. Es sorgt für Differenzierung. Darüber hinaus können wir verschiedenen Zielgruppen direkt, schnell, unkompliziert und unverkrampft vermitteln, wer wir sind und was wir zu bieten haben. Das zahlt auf die Marke Cirquent ein. Ein weiterer wichtiger Beweggrund für mich als PR- Verantwortliche: Aufgrund der anhaltenden Medienkrise müssen wir unsere Inhalte verstärkt selbst publizieren und vermarkten – und das vor allem online. Das Blog hilft uns dabei natürlich enorm.

Vielen Dank Frau Leopold für die Antworten!

Klaus Eck

Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

4 Replies to “Transparenz-Interview 5: Cirquent als Pionier der B2B Social Media…”

  1. Danke für dieses Interview. Gerade im B2B-Bereich ist Verunsicherung vorhanden, was denn Social Media „bringen“ soll, zumal der Kundenkreis ja meist wesentlich kleiner ist als bei B2C-Unternehmen. Es wird hier klar aufgezeigt, dass ein Engagement in Social Media Sinn macht, unabhängig davon an wen die Produkte geliefert werden. In Österreich ist die voestalpine (http://www.voestalpine.com/) als Stahlkonzern ein B2B-Social Media-Pionier.

  2. „Die Blogger […] legen großem Wert auf ihre Unabhängigkeit, sind ebenso an guten Inhalten interessiert und halten nichts von Banalitäten und Marketingsprüchen.“
    Meines Erachtens eine der Kernaussagen und einer der wichtigsten Erkenntnisse der „Neuzeit 2.0“.
    Die Ersten fangen an zu begreifen, dass die Informationsüberflutung eine Reduktion auf präzise, ehrliche und klare Aussagen nötig macht. Blumige Werbeversprechen funktionieren über den Kanal nicht. Jeder der das erste Mal seinen Twitteraccount von Floodern befreit hat und seine RSS-Abos aussiebt, der weiss was ich meine.
    Heutzutage lesen viele Menschen mit, wenn jemand Müll schreibt und für viele noch schlimmer: Ob es in den eigenen Kommentaren zerrissen wird oder auf den Nachbarblogs, man bekommt sein „Dummschwatz“ (bestenfalls Unwissenheit) kostenlos analysiert und kommentiert.
    Es ist eine ehrlichere Welt, an der aber noch mehr Menschen teilnehmen müssen. Das wird sicher noch ein paar Jahre dauern und eventuell den einen oder anderen Konflikt mit Regierung und Lobbies nach sich ziehen.

  3. Vielen Dank für das Interview! Es gibt interessante Einblicke in die Social-Media-Aktivität von Cirquent und die internen Abläufe. Besonders wichtig finde ich Ihren Hinweis auf das „große Marketing-Orchester“ – also auf die sinnvolle Einbindung der Social-Media-Maßnahmen und die Vernetzung mit anderen Marketingaktivitäten.

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