Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Transparenz-Interview 4: Michael Praetorius

4 Minuten Lesedauer

Michael Praetorius ist Mitbegründer und Gesellschafter des Content Management Unternehmens NOEO. Als Online-Strategieberater beschäftigt er sich mit dem ständigen Wandel im Medien- und Werbemarkt. Seine Erfahrungen mit klassischen Unternehmenswebsites, Corporate Social Media Nutzung und seine persönliche Einschätzung zu dem Stellenwert von Unternehmenstransparenz lesen Sie im dieser Folge unserer Interviewreihe.

1. Welche Bedeutung hat heute
noch eine klassische Website – die Homepage des Unternehmens?

Noch ist das Web stark von dem Gedanken „Besuchen Sie uns im Internet“-Geprägt.
Nach diesem Muster sind die meisten Hompages aufgebaut. Nur wenige Unternehmen
wagen den Schritt in der Online-Welt über die eigene Seite hinaus. Doch so wie
Unternehmen einen zentralen Firmensitz haben, gibt es auch Zweigstellen,
Niederlassungen, Messestände oder eine Präsenz am Point of Sale. Übertragen in
das Web sind diese Kanäle im Social Web, in denen das Unternehmen zum Kunden
kommt und nicht umgekehrt, wie bei dem Aufruf die eigene Homepage zu besuchen..
Der digitale Vorteil besteht darin alle Kanäle des Social Web perfekt mit der
Homepage des Unternehmens zu vernetzen und die Corporate Website sowohl zum
Dashboard für alle Online-Aktivitäten als auch zum besonderen Besuchs-Erlebnis
zu machen.

2. Viele Kunden vertrauen den
Inhalten einer Unternehmenswebsite nicht mehr. Woran liegt das?
 


Eine Unternehmenswebsite ist so glaubwürdig oder wenig glaubwürdig wie ein
Verkaufsprospekt. Die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens würde ich nicht an
einem Kanal festmachen. In der Tat hat Glaubwürdigkeit aber viel mit
Empfehlungen und Reputation zu tun. Freunde oder Kontakte aus dem sozialen
Umfeld, die ein Produkt oder eine Marke empfehlen, können deutlich zur
Glaubwürdigkeit des Unternehmens beitragen. In der Kombination mit passenden
Inhalten des Unternehmens können diese Empfehlungen eine große Wirkung haben.
Dies gilt aber auch, wenn soziale Kontakte statt einer Empfehlung eine Warnung
aussprechen. Hier nutzen Inhalte auf der Unternehmenswebsite nicht viel.
Stattdessen ist das offene/öffentliche Gespräch zu verunsicherten Kunden notwendig.
Diesen Austausch führt man am besten da, wo der Kunde bereits ist oder vor
einem Produkt gewarnt wurde.

3. Sind Social Media Aktivitäten
eines Unternehmens auf Twitter, Facebook oder Xing glaubwürdiger?

Nutzen Unternehmen Twitter, Facebook oder Xing als Mittel zur Transparenz und
brechen damit bewusst die Mauer zwischen sich und dem Kunden, kann dies der
Glaubwürdigkeit verhelfen. Diese Plattformen sind auf Augenhöhe des Kunden und
ermöglichen daher einen fairen Dialog anders als ein Kontaktformular oder eine
Umfrage auf der Website. Unternehmen können aber auch mit einer eigenen
Plattorm zum Gedankenaustausch für mehr Glaubwürdigkeit sorgen. Wichtig ist,
dass auch dort das Unternehmen auf Augenhöhe mit dem Kunden spricht und sich
nicht nur als Gastgeber fühlt.

4. Worauf muss ein Unternehmen
achten, wenn es mit seinem Corporate Blog die Glaubwürdigkeit wiederherstellen
will?

Corporate Blogs sollten authentisch und persönlich sein. Sie sollten Besuchern
ein Gefühl der Nähe geben. Autoren sollten sich in Fotos und Videos zeigen und
via Kommentare, Foren oder der Verbindung zu sozialen Netzwerken ein offenes
Gespräch ermöglichen. Auch hier sollten Leser des Blogs auf Augenhöhe erst
genommen werden.

5. Inwiefern ist Corporate Video
auch für Unternehmen von Interesse?

Videos können als leichtverständliche Gebrauchsanleitung, Blick hinter die
Kulissen bei der Produktion oder als Ausblick auf kommende Entwicklungen
dienen. Videos sind leicht verständlich und lassen sich emotionaler erleben als Texte.
Zudem können mehr Botschaften transportieren als in einzelnen Bildern. Videos
können als Beweis zur Glaubwürdigkeit dienen. In Videos können Unternehmen ihre
Experten und Knowhow positionieren und sich von ihrer besten Seite zeigen.


Praetorius
 

6. Alle Unternehmen wollen am
liebsten gleich Virals auf Youtube stellen. Wie realistisch ist das?

Reine Virals gibt es nur im Märchen. Um ein Video zu einem YouTube-Superstar zu
machen, bedarf es nicht nur einem emotionalen und sensationellen Video, sondern
auch eine Reihe Kontakte, die den Stein ins Rollen bringen. Nur wenige
Unternehmen sind bereits so gut im Social Web vernetzt, dass sie dabei auf Media
Spending oder eine Seeding-Kampagne verzichten können.

Die Produktion von Videos für die Verbreitung via YouTube, Facebook, Twitter
oder Blogs ist in jedem Falle aber sinnvoll, da es wesentlich mehr Potential
einer zusätzlichen Verbreitung gibt, als die rein gekaufte Reichweite.

7. Geht es im Video nicht auch
zunehmend um Kommunikation?

Natürlich, aber eben nicht wie in früheren Imagefilmen nur eine Richtung. Kommentare,
Videoantworten und Mashups aus anderen Videos, sind eine Form des Rückkanals,
den Online-Videoplattformen liefern. Zudem gibt es in einigen Videos klickbare
Flächen, die zu einem anderen Video führen, den Besuch einer Website auslösen
oder den Upload eines. 

8. In einem Social Media
Newsroom lassen sich alle Social Media Aktivitäten bündeln. Welche Vorteile
haben die Unternehmen davon?


Im Web sprechen wir nicht mehr länger von einer Contet-Ökonomie, sondern von
einer Link-Ökonomie. Das Weg fragementiert an allen Ecken in winzig kleine
Microkosmen, die nur noch über Links und Programmierschnittstellen (API)
zusammengehalten werden.

Mit einem Social Media Newsroom aggregieren Unternehmen Informationen aus dem
Social Web, die innerhalb des Unternehmens oder von anderen über das
Unternehmen verfasst werden. Dies ist dabei mehr als ein modernes
Presseclipping. Ist die gesamte Corporate Website wie ein social Media Newsroom
aufgebaut, kann dies beispielsweise auch zur Suchmaschinenoptimierung beitragen.
Relevante Inhalte aus dem Social Web werden oft leichter gefunden, als
klassische Websites. Verbindet man das social Web und die klassische Website
geschickt, findet der Kunde auf jeden Fall die relevante Information.

9. Ist das Internet nicht
bereits viel zu voll? Oder warum sollten Unternehmen viel mehr als bisher
publizieren?

Das Internet ist ein Strom an Informationen, der ständig weiter fließt. Inhalte
rauschen schnell vorbei und gehen dabei oft unter. Unternehmen sind in der
Herausforderung in dieser Informationsflut ständig vorne gesehen zu werden.
Dazu müssen natürlich ständig neue Inhalte produziert werden. Allerdings geht
es künftig noch viel stärker um Relevanz. Es geht also nicht nur darum, immer
mehr zu produzieren, sondern sich dabei vor allem mit Multiplikatoren zu
vernetzen, die Informationen weitertragen. Zudem müssen Unternehmen einen
eigenen Relevanzbegriff für das Web definieren, in dem die Schnittmenge
zwischen Unternehmensinteressen und Nutzerinteressen möglichst groß ist.
Andernfalls fließt der Informationsstrom an potentiellen Multiplikatoren
vorbei.

10. Wie wichtig ist die
Unternehmenstransparenz für Dich persönlich?

Wir haben kürzlich unsere Website komplett in einen Social Media (News-)Room verwandelt. Mitarbeiterseiten sind Links zu Xing-Profilen
gewichen. Facebook, Twitter, YouTube und Flickr sind vollständig integriert.
Wir publishen als Unternehmen in diesen Quellen mehr als auf der eigenen
Website. Diese ist für uns ein Dashboard zu anderen Quellen. Ich persönlich versuche Kunden und Partner immer die Produktentwicklung
miteinzubeziehen. Ich spreche offen auf Konferenzen an, woran ich arbeite und
welche Ziele ich dabei verfolge. Diese Transparenz stoppt lediglich an der Stelle, an der wir über Kunden
sprechen. Hier halte ich es wie mit meiner eigenen Privatsphäre. Ich
entschiede, was ich über mich verrate. Was Freunde über sich verraten, sollen
diese selbst festlegen. Showcases und Insights aus Kundenprojekten
veröffentlichen wir nur nach direkter Absprache mit den Beteiligten.

Vielen Dank.

>> Transparenz-Interview 3: Ibrahim Evsan hat keine Angst vor der Transparenz

>> Transparenz-Interview 2: Stefan Keuchel vertraut Echtzeitwelt

>> Transparenz-Interview 1: Patrick Braumann über Web-Monitoring

Falls Sie ebenfalls Interesse an einem Interview zum Thema Glaubwürdigkeit und Unternehmenstransparenz oder Ihrer Social Media Strategie haben, würde ich mich über Ihre Rückmeldung freuen. 

Gerne auch via Xing oder Facebook.

Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Ein Kommentar zu “Transparenz-Interview 4: Michael Praetorius”

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag.
    Ich nehme aktuell in den meisten Unternehmen wahr, das es für viele Unternehmen sehr herausfordernd sich der Transparenz zu verpflichten. Der persönliche Leidensdruck in vielen Managementstufen in den Unternehmen hinsichtlich nicht einschätzbarem Risikopotental überdecken noch den Blick für die Chancen die sich mit der Transparenz eröffnen. Für mich persönlich ist es sehr spannend diesen Wandel von einer «normalen» hin zu einer «natürlicheren» Kommunikation mit zu erleben und zu gestalten.

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