Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Greenpeace schockt Nestlé

3 Minuten Lesedauer

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Wenn ein NGO wie Greenpeace eine weltweite Kampagne gegen einen Konzern startet, bleiben diesem kaum Möglichkeiten, adäquat darauf zu reagieren. Greenpeace will den Nahrungsmittel-Konzern Nestlé dazu bewegen, kein Palmöl mehr aus der Urwaldzerstörung zu verwenden. In einem Greenpeace-Video parodiert Greenpeace die Kitkat-Werbung und klagt den Riegelhersteller quasi als Orang-Utan-Killer an. Das Video ist schockierend und aufmerksamkeitsstark. 

Wie soll ein Unternehmen auf derartige virale Angriffe richtig reagieren? Zunächst ließ Nestlé eine englische Version des Videos aus Youtube wegen einer Urheberrechtsverletzung entfernen. Doch das dürfte vergeblich sein, weil es immer wieder von Neuem ins Netz gestellt wird. Hierbei spricht man auch vom Streisand-Effekt. Olaf Kolbrück hat dazu einen Kommentar auf der Videoplattform Vimeo entdeckt, der es in sich hat: 

“Thank you Nestle … I would never have seen this video if you hadn’t had it kicked off You Tube. Now I’m forwarding it all my friends, though Facebook, and guess what they are forwarding it to all their mates.
Fire your PR team. They are muppets.”

Christian Hunt, Greenpeace UK, hat aufgrund der ersten Reaktionen auf die Kitkat-Kampagne einen offenen Brief an die Nestlé-PR-Abteilung geschickt, sich über die Zensur beschwert und dazu aufgerufen, das Video viral weiterzuverbreiten. Was in Nestlé’s PR-Abteilung passiert sei, wird von Paul Bradshaw sogar als Video-Cartoon veröffentlicht.

Bis auf eine Pressemitteilung verhält sich der Konzern ruhig und scheint die erste Welle der Kampagne abwarten zu wollen. In der Erklärung heißt es:

"Nestlé trägt aktiv zur Förderung nachhaltiger Anbaumethoden bei. Seit Januar 2010 deckt Nestlé Deutschland den gesamten Bedarf an Palmöl mit so genannten Green Palm Zertifikaten ab. Mit diesen Green Palm Zertifikaten wird der nachhalti-ge Anbau unterstützt. Hierdurch stellt Nestlé Deutschland sicher, dass für seinen Bedarf an Palmöl keine zusätzlichen Regenwaldflächen gerodet werden. Das Green Palm System wurde vom so genannten Round Table for Sustainable Oil („Runder Tisch für nachhaltiges Öl") entwickelt und wird unter anderem von der Organisation WWF unterstützt.
International hat sich Nestlé verpflichtet, spätestens ab 2015 nur noch zertifiziertes, nachhaltig angebautes Palmöl zu verwenden. Die Umstellung hat bereits mit ersten Zwischenschritten begonnen."

Das genügt dem NGO jedoch bei weitem nicht. Die Greenpeace Aktion “Give rainforests a break”  wird in ganz Europa mit Straßenaktionen begleitet  und findet seine Fortsetzung in einer Social Media Kampagne. Sowohl auf Twitter wie auch auf Facebook setzen sich die Greenpeace-Aktivisten mit Kitkat und Palmöl auseinander. Dem hat der Riegelhersteller bisher wenig entgegenzusetzen. Begleitet wurde der Start der Kampagne von einer Aktion diverser Greenpeace-Aktivisten vor dem Nestlé -Sitz in Croydon. Dort luden Greenpeace-Orang-Utans die Mitarbeiter ein, um 11 Uhr Pause mit ihnen zu machen:

In der Echtzeitkommunikation scheint das Unternehmen bisher nur zuzuschauen. Gleichzeitig verstärken sich die Reaktionen. Immer mehr Twitterer und Facebook-Mitglieder sowie Blogger entdecken das Thema für sich. Das zeigt unter anderem eine Online-Suche auf Twitter deutlich:

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Dabei macht es Greenpeace seinen Aktivisten und Unterstützern sehr leicht, indem diese aktiv in Social Media aufgefordert werden, bei dieser Kitkat-Aktion mitzumachen. Mit wenig Aufwand kann jeder auf das Schock-Video mit dem Satz verweisen: "Give the Orang-Utans a break! http://bit.ly/aqUX3r"

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Aber auch auf Facebook ist Greenpeace aktiv und nutzt die Möglichkeit, auf der Facebook Fanpage von Kitkat aktiv zu werden. Beispielsweise hat die Greenpeace-Mitarbeiterin Claudia Sommer dort folgendes veröffentlicht: 

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Somit macht Sie all ihre Facebook-Freunde auf einfache Art und Weise auf die Greenpeace-Aktion aufmerksam. Das motiviert diese ebenfalls auf Facebook aktiv zu werden. Auf der Kitkat-Präsenz in Facebook wirkt es sich dann so aus:

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In gewisser Weise haben Greenpeace-Aktivisten somit die Facebook-Präsenz komplett übernommen, zumindest solange es keinerlei Reaktionen des Riegelherstellers dort gibt. Aktiv scheint Nestle dort biser jedenfalls nicht zu sein. Auch auf Twitter reagiert Nestlé eher verhalten.

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Nestlé folgt bisher gerade einmal 8 Accounts auf Twitter, setzt somit nicht auf den Aufbau von Beziehungen zu Influencern auf Twitter. Das ist schade, weil es viel Potential verspielt und somit keinerlei wirkliche Kommunikation auf diesem Kanal aufkommen lässt.

Der Fall Nestlé verdeutlicht, wie wichtig es ist, in Social Media nicht nur einzelne Kanäle aufzubauen, sondern diese auch aktiv zu nutzen. Rund 760.000 Kitkat-Fans auf Facebook stellen ein großes (positives) Potential dar. Warum sollte Nestlé diesen Platz kampflos räumen? Auf Twitter und Facebook reicht es eben nicht aus, dort präsent zu sein. Die Technik kann immer nur ein Hilfsmittel sein. Jetzt ist die PR auch in Social Media gefragt und sollte Twitter und Facebook für eine aktive Reaktion nutzen statt nur zuzuschauen. Eine einzige Pressemitteilung zu veröffentlichen, das setzt wenig gegen eine derart mächtige virale Kampagne. Zudem wird deutlich, wie sehr ein Corporate Blog fehlt, um gezielt Stellung zu nehmen. Es wird wieder einmal deutlich, wie stark heute Unternehmen mit der Transparenz rechnen und es lernen müssen, mit den neuen Umweltbedingungen in Social Media umzugehen.

>> Off the Record: Virale Schock-Attacke von Greenpeace gegen Nestle Kitkat
>> Greenpeace.ch Blog: Danke, liebe PR-Abteilung von Nestlé
>> Greenpeace: Kitkat: Süßes mit bitterem Beigeschmack
Greenpeace enthüllt, wie Nestlé zum Aussterben der Orang-Utans beiträgt

Klaus Eck


Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

15 Replies to “Greenpeace schockt Nestlé”

  1. Die Frage ist doch: Wie kann eine Reaktion seitens Nestle aussehen? Im Prinzip sind die jetzt dermaßen in der Defensive, dass nur zwei Reaktionen möglich sind:
    1. Sie beweisen glaubhaft, dass die Aussagen von Greenpeace nicht korrekt sind.
    2. Sofortiger Stopp dieser Praktiken.
    Beides braucht in so einem großen Unternehmen Zeit. Ich bin mir sehr sicher, dass da im Moment die Köpfe rauchen.

  2. Q: Wo sind die Social Media Gurus, wenn man sie braucht? A: Nicht bei Nestlé!

    Olaf Kolbrück entwickelt eine eindrucksvolle Case Study, die wiedermal beweist, daß Social Media noch lange nicht im Unternehmen angekommen ist: „Virale Schock-Attacke von Greenpeace gegen Nestle Kitkat“. Kurz gesagt: 01 – Greenpeace hat eine wundervol…

  3. Man sollte als Unternehmen auf jeden Fall in den Dialog mit Greenpeace treten.
    Ich glaube, dass Nestle keine andere Möglichkeit mehr hat, als eine Kooperation mit Greenpeace einzugehen. Dies birgt natürlich Gefahren, aber auch Chancen, diese Krise zu bewältigen. Eine Zusammenarbeit mit Greenpeace könnte das Unternehmen auf lange Sicht gesehen im CSR-Bereich stärken.

  4. Nur ein kleiner Hinweis hierzu: Greenpeace würde sicher mit Nestlé sprechen und auch beraten. Aber kooperieren und zusammenarbeiten wurde immer und wird auch zukünftig ausgeschlossen. Greenpeace hat hier eine andere Policy als beispielsweise der WWF, der vergleichsweise, vorsichtig ausgedrückt „sehr grosse“ Kompromisse ein.

  5. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Nestlé ein Interesse hat, ihre Machenschaften zu ändern, solange sie Geld machen können. Palmöl ist nur ein Besispiel, Wasserprivatisierung ein anderes. Vor X-Jahren hat Nestlé vor allem in asiatischen Staaten jungen Müttern weisgemacht, dass Milchpulver viel gesünder sei als Muttermilch – und hat sich damit ein Markt geschaffen.
    Ich glaube diesem Konzern kein Wort wenn es um Nachhaltigkeit geht – da müssen sie schon noch einige Beweise liefern. Für mich gibt es im Moment nur eine Option: Der Boykott aller Produkte dieses Konzernes – als Schweizer kann ich das relativ einfach – z.B. in Brasilien würde es schon schwieriger, da dominieren Nestlé-Produkte den Markt und die Leute haben oft keine andere Wahl als diese Produkte zu kaufen – auch dies zeigt die Macht, welche solch ein Konzern ausüben kann.

  6. Es sind nicht immer nur die großen Marken, die unter dem Verbraucherdruck aus dem Internet „leiden“. Kleinere Unternehmen, die keine web 2.0 „fähigen“ Kommunikationsprofis beschäftigen und deren Management vom Internet (noch) keine Ahnung hat, müssen auch dran glauben. Eine schöne Geschichte handelt davon, wie wir als PR Agentur am Rande der Stadt endlich unsere ärgerliche Kaffeemaschine von Kaffeepartner los wurden. Mehr dazu hier: http://www.vibrio.eu/blog/?p=1526

  7. Ich finde es wirklich klasse, dass man sich durch die heutigen Möglichkeiten gegen derartige Missstände durchsetzen kann und wirklich zur Verbesserung der Umstände auf der Welt beitragen kann. Alleine durch die erfolgreiche Social Media Kampagne wird Nestle zukünftig dazu gezwungen sein, die Bezugsquelle für das Palmöl zu wechseln und etwas in Sachen Umweltschutz zu unternehmen. Hoffentlich nehmen sich andere Konzerne da ebenfalls ein Beispiel.

  8. „Greenpeace“ geriert sich schon zu lange als das gute Gewissen der ganzen Welt. Man möchte erfahren, wer über die Aktionen dieser ancheinend berufsmäßigen „NGO“ entscheidet, wer sie finanziert und wer sie kontrolliert. Eine echte „NGO“ sollte sich dazu verpflichten. Bislang habe ich aber nur von spektakulären und vermeintlich gefährlichen „Aktionen“ gehört und gesehen. Aber was und wer steckt tatsächlich dahinter und mit welcher Berechtigung? Bis man das weiß, ist man geneigt, die japanischen Gegenmaßnahmen (z. B.) gutzuheißen. Man muß schließlich nicht alles schlucken, auch nicht von penetranten Gutmenschen. Irgendwie riecht’s.

    1. Hast du dir schonmal die Mühe gemacht Zahlen herauszufinden? Oder Fakten?
      Grenpeace ist ein eingetragener Verein der seine Zahlen veröffentlicht. „Kontrolliert“ wird GP von einer gewählten Spitze, dazu kommen verschiedene Gremien wie Beirat etc. Erkundige dich bevor du irgendwelche Mußmaßungen anstellst.

  9. Kennt jemand die Zugriffszahlen für Nestlés Fehltritte im Web?
    Also Seitenaufrufe von Youtube hierzu, jeweils Tages, oder Wochengenau?

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