Thomas Euler Thomas denkt, schreibt, spricht und berät zu digitaler Transformation, Technologie und dezentralisierten Systemen. Er ist als Gastautor im PR-Blogger tätig.

Was Social Networks von Online-Spielen lernen sollten

2 Minuten Lesedauer

Ende 2007 erschien im Werbeblogger ein Gastbeitrag, in
dem Mo erzählte, dass er einige Aufträge durch die Gameplattform World of Warcraft
erhalten habe und auch sonst einige interessante Kontakte
knüpfen konnte. Er schließt mit den Worten:

"Über Xing hingegen habe ich bisher noch nicht einen Auftrag abgewickelt."

Das ist eine Erfahrung, die ich selbst nachvollziehen kann, da ich
eine Zeit lang recht aktiv ein Browsergame gespielt habe. Ebenso wie Mo
habe ich dort wesentlich mehr neue, interessante Menschen
kennengelernt, als in allen Social Networks zusammen. Daher stellt sich
die Frage: Was ist es, dass die MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game) den Social Networks voraus haben?

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Funktionsweise dieser
Spiele. Allgemein gültig ist bei allen MMORPGs, dass sie online von vielen Menschen gespielt werden. Um das Spiel erfolgreich
betreiben zu können, müssen sich
die Spieler zusammenschließen – allein kann man kaum vorne mitspielen.
Damit es ein "Vorne" überhaupt geben kann, gibt es in den Spielen
diverse Ranglisten, etwa Charakterlevel, die man erreichen kann oder
Punkteranglisten. Außerdem verbringen die Spieler relativ viel Zeit mit
dem Spiel, oft mehrere Stunden täglich. Zusammen mit der bereits im
Spielprinzip angelegten Interaktion führt dies quasi automatisch dazu,
dass sich Kontakte zu anderen Spielern ergeben. Der Erfolgsfaktor
stellt dafür den entscheidenden Anreiz.

Die Organisation der Spieler in Clans, Gilden, o.ä. bringt zudem mit
sich, dass man häufig mit den gleichen Spielern spielt, weshalb sich
die Kontakte bald nicht mehr auf die Avatar zu Avatar-Kommunikation
beschränken, sondern eine persönliche Dimension bekommen. Dahinter
steckt das normale menschliche Bedürfnis nach Kommunikation. Und
schließlich, da die meisten Spieler auch noch einer anderen,
beruflichen Tätigkeit nachgehen, ergeben sich so mitunter auch
geschäftliche Kontakte.

Was ist nun der Unterschied zu Social Networks wie Xing, Facebook
oder StudiVZ? Diese regen zwar auch zum Vernetzen an, sind in der
Praxis allerdings häufig ein Sammelbecken bereits bestehender Kontakte.
Im Vergleich zu den MMORPGs, die direkte Anreize zur Interaktion mit
neuen Spielern schaffen, fehlen diese bis dato bei den Netzwerkseiten.
Dies ist insofern problematisch, als dass Menschen dazu neigen, scheu
zu sein. Nehmen Sie das Beispiel einer Busfahrt: Selten reden Sie
einfach mit Ihren Mitfahrern drauflos, Gespräche ergeben sich erst,
wenn es einen Anlass dazu gibt.Dies gilt insbesondere für neue Kontakte.

Doch auch bei bereits bestehenden Bekanntschaften zeigen die SNs
Defizite. Was fehlt ist die kontinuierliche Interaktion, denn aus einem
"Freund", der letztlich nicht mehr als eine Karteileiche ist, wird sich
kaum ein Geschäftskontakt entwickeln. Hier mangelt es ebenso an
Anlässen. Zumeist sind Nachrichten, Foren und ein Gruß auf der Pinwand
die einzigen Kommunikationsmöglichkeiten, die die Netzwerke bieten. Die
von Facebook oder Xing bekannten Newsfeeds sind hierbei sicherlich ein
Schritt in die richtige Richtung, da etwa ein neu hinterlegter Artikel
mitunter durchaus Gesprächsstoff enthält.

Sie sind allerdings erst der Anfang der Möglichkeiten und taugen
nicht zum Kennenlernen neuer Menschen, denn News erhalte ich nur von
bestehenden Kontakten. Konkret müssen Social Networks also verstärkt
Kommunikationsräume samt Anreizen schaffen. Derzeit ist ein Forum bzw.
eine Gruppe der einzige Ort, an dem ich mitunter mit neuen Leuten in
Kontakt komme. Hierzu muss ich dort allerdings Mitglied sein und mich
stets auf dem neusten Stand halten. In der Praxis sind viele
Gruppenmitgliedschaften allerdings nicht mehr als ein Profilfüller
(bestes Beispiel:“Wir trinken Bier an allen Tagen, die mit ‘g’ enden. Und
Mittwochs” – eine populäre StudiVZ-Gruppe).

Ein Ansatz eines solchen Kommunikationsraumes könnte beispielsweise
die Einrichtung von Gruppen-Voice-Chats sein. Unter Spielern hat sich
schon lange Teamspeak etabliert, eine kostenlose Software, die es
ermöglicht, via Computer eine Art Telefonkonferenz abzuhalten. Warum
nicht einfach diesen Ansatz auf das Gruppen-Modell der Netzwerke
übertragen und so Menschen, die an einem Thema interessiert sind, die
Möglichkeit geben, sich direkt zu unterhalten und auszutauschen? Gerade
in einer businessorientierten Gruppe würde so etwas durchaus Sinn machen
und garantiert zu dem ein oder anderen interessanten, neuen Kontakt
führen.

>> Werbeblogger: World of Warcraft (Gastbeitrag)

Thomas Euler

Thomas Euler Thomas denkt, schreibt, spricht und berät zu digitaler Transformation, Technologie und dezentralisierten Systemen. Er ist als Gastautor im PR-Blogger tätig.

3 Replies to “Was Social Networks von Online-Spielen lernen sollten”

  1. Excellent post Thomas, I’ve been thinking a lot about this topic and the point made by Mo is right on (re: Xing). Social Networking does not always have to be a forced environment. In a world of people competing to have the most friends, actual behaviours hold much more value in terms of connectivity.

  2. Ich denke, weit mehr noch geben Spiele die Art der sozialen Beziehung vor. Um in der Sprache von WoW zu bleiben: wenn ich ein erfahrener Kämpfer bin, können mich die Anderen automatisch einschätzen und wissen, wie sie mit mir umgehen müssen. Die Kommunikationsanlässe sind sozial strukturiert. Es geht also um die „Spielregeln“. Ich denke ein Chat wäre hilfreich, aber nicht wichtig. Er ist nur ein Vehikel, kein „Grund“. http://blog.kmto.de/article/der-spielemarkt lg, Michael

  3. Ich denke, dass es in der Natur der (meisten) Portale liegt, dass eben solche Kommunikationsräume nicht vorhanden sind. Man muss deswegen vorher betrachten, welchen Zweck solch ein Portal überhaupt verfolgt. Eine Spielecommunity kann „einfach drauf los“ spielen. Hier sind „Verhaltensregeln“ und eigener Stand unwichtig. In einer Community für berufliche Kontakte wird sicherlich ein gewisser Zwang, den richtigen Kontakt zu finden, im Hinterkopf sein. Dies erfordert oft bestimmte Grundvorrausetzungen, die dann nicht jeder erfüllt, aber trotzdem Mitglied ist.

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