Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Jean-Remy von Matts virale Antwort auf die Bloggerkritik

3 Minuten Lesedauer

Die Reaktionen auf seine Bloggerbeschimpfung scheinen den Werber Jean-Remy von Matt doch ein wenig überrascht zu haben und naturgemäß wenig zu freuen. Kein Wunder, denn wer unter Google nach Jean-Remy von Matt sucht, erhält unter den ersten zehn Treffern folgende Ergebnisse:

  1. Jean-Remy von Matt – Biografie rasscas
  2. Jean-Remy von Matt kollerkommuniziert [Indiskretion Ehrensache
  3. Werbeblogger – Unser Erleuchter: Jean-Remy von Matt
  4. Jean-Remy von Matt: Blogs sind Klowände des Internets – Webmaster  
  5. Das E-Business Weblog: Jean-Remy von Matt und die Weblogs
  6. sagichdoch? » Muss Jean-Remy von Matt zum Gesinnungstest
  7. ConnectedMarketing.de: Das merkwürdige Demokratieverständnis von ..
  8. LostFocus: Jean-Remy von Matt und die Klowände
  9. Alexander Korte: Erst Jamba, jetzt Jean-Remy von Matt
  10. Alexander Korte: Du bist Jean-Remy von Matt

In einem Entschuldigungsschreiben an Blogger wie Thomas Knüwer und Jens Scholz hat er jetzt in relativ kurzer Zeit Stellung zu seinem PR-Gau bezogen, in dem er darin um Verständnis für seine nicht für die Öffentlichkeit formulierten Worte wirbt:

"Liebe Blogger,

meine Mutter hat mir noch mehr beigebracht. Zum Beispiel: Wer einen Fehler macht, sollte sich entschuldigen. Oder auch: Wer austeilt muss auch einstecken können.
Aber zunächst zu mir und meiner Entschuldigung: Es ist mir sowohl klar, dass es das Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung gibt, als auch, wie wichtig dieses Recht ist. Es ist
mir insbesondere klar, wie viel die Weblogs für die Verwirklichung
dieses Rechts tun – vor allem in Ländern, wo Meinungsfreiheit nicht
selbstverständlich ist.


Insofern tut es mir leid, dass ich dieses Recht unbedacht in Frage
gestellt habe. Ich hatte mich halt aufgeregt! Und eine Mail an meine
Mitarbeiter geschrieben, die durch die berechtigte oder unberechtigte
Kritik an einer Kampagne, an der sie monatelang hart gearbeitet haben,
verunsichert waren und Zuspruch verdient hatten.
Vielleicht klang auch etwas Neid auf Euch durch, da die Form von
Meinungsäußerung, die ich als Werbetexter seit über 30 Jahren betreibe,
alles andere als frei ist: Jedes Wort wird vor der Veröffentlichung
lange abgewogen, mit Auftraggebern verhandelt und dann noch
repräsentativ auf seine Wirkung getestet.


Aber! Auch wenn die meiste Kritik an meinem Text konstruktiv und
ernsthaft war, empfinde ich es als kommunikativen Hausfriedensbruch,
dass eine interne Mail wie eine Sau durchs Dorf "Kleinbloggersheim"
getrieben wird.


Sollte es neben der Freiheit, eine Meinung zu verbreiten, nicht auch
die Freiheit geben, eine Meinung nicht verbreitet zu wissen? Gilt beim
Artikel fünf des Grundgesetzes nur Absatz eins, der das Recht auf
Meinungsfreiheit definiert, und nicht Absatz zwei, der dieses Recht
einschränkt, wenn die persönliche Ehre verletzt wird?
Kennt die Blogosphäre etwa keine Privatsphäre?


Viele von Euch schreiben, ich hätte mit meiner Mail ein Eigentor
geschossen. Okay, eins vielleicht. Aber wie viele Eigentore schießt ihr
gerade, indem Ihr mein Schlagwort "Klowände des Internets" teils
empört, teils genüsslich aufgreift im Sinne eines Agenda Setting
verbreitet? Bei Technorati.com war der Suchbegriff zeitweise auf Platz
3!
Die Klowand-Debatte erinnert mich übrigens an Münteferings
Heuschrecken-Debatte: In beiden Fällen gab es Kritik, dass ein
Sachverhalt mit einem plakativen Bild unzulässig verallgemeinert wurde.


Die Heuschrecken waren ein Symbol für das Abgrasen und Weiterziehen.
Die Klowände sind ein Symbol für das Anpinkeln und Verpissen – für
Meinungsäußerung im Schutz der Anonymität.


Natürlich haben viele Investoren ethisch einwandfreie Ziele. Und
natürlich haben viele Weblogs einen ernsthaften Ansatz. So haben mich
die meisten Eurer Beiträge sehr inspiriert und mir die virale Kraft
dieser Medienform bewusst gemacht.
Vergesst aber nicht, dass auch die Kommentare den Content eines Weblogs
bestimmen. Und vor allem dort habe ich einiges gefunden, was meinem
Vorurteil neuen Schub gab: Leute, das war teilweise unterste Klowand!


Aber wie sagte noch mal meine Mutter: Wer austeilt, muss auch einstecken können.
Euer Jean-Remy von Matt" (
zitiert nach Jens Scholz)

Als erster Schritt zur Schadensbegrenzung ist das Schreiben an
einige ausgewählte Blogger gar nicht einmal schlecht und war sogar in seiner Wirkung erfolgreich. Dabei vermittelt
das Schreiben selbst nicht unbedingt den Eindruck einer wirklichen
Einsichtigkeit, sondern zeigt auch die Unzufriedenheit mit der
öffentlichen Auseinandersetzung, die er so sicherlich nicht gewollt
hat und schnell zu stoppen versucht – was auch völlig legitim ist. Jens Scholz glaubt, das die Diskussion durch den offenen Brief erneut entzündet werden
könnte. Eine Entschuldigung sieht eigentlich auch anders aus und endet
nicht in einem Vorwurf: "das war teilweise unterste Klowand", selbst
wenn dieser sogar in gewisser Weise berechtigt sein sollte. Jens Scholz stößt an der Entschuldigung besonders negativ auf:

"Der erste anonyme
Beitrag kam aus Ihrem Hause (und war mit meinem Namen unterschrieben,
daher wurde er gelöscht). Ebenso der zweite und der dritte. Nur um mal
zu erwähnen wo Sie da sitzen, wenn Sie solche Sprüche kloppen: Die
größte Pissnelke sitzt in Ihrem eigenen Glashaus."

Insgesamt scheinen die Reaktionen auf Jean-Remy von Matts Schreiben
dennoch eher positiv zu sein. Viele Blogger fühlen sich durch die
direkte Reaktion ernst genommen und halten die Tatsache, dass ein
bekannter Werber auf die Blogkritik überhaupt eingeht schon allein für
verdienstvoll. Das nötigt vielen Respekt ab. Dabei sieht eine kreative
Auseinandersetzung mit der Kritik eigentlich anders aus. Wie sich das
Issue "Klowände" jedoch weiterentwickelt, hängt letztlich von der
weiteren Kommunikationspolitik des Hauses Jung von Matt ab. Solange die
negativen Meinungen in der Blogosphere überwiegen, dürfte es schwierig
sein, den ersten äußeren Eindruck der Suchmaschinenergebnisse zu
widerlegen. Aber ein guter Anfang ist trotz aller Nebenklänge in der
Entschuldigung durchaus gemacht. Interessanterweise konnte Jean-Remy
von Matt mit der gezielten Adressierung einiger Blogger bereits sehr
viel erreichen. Anerkennung und Respekt für diesen Schritt überwiegen
(noch?) und verbreiten sich zurzeit rasant im Netz.

>> Diskussionen um Jean-Remy von Matts Entschuldigung 12
>> Site 9 Weblog: Jean-Remy von Matt: "Wer austeilt muss auch einstecken können"
>> Robert Basic: Jean-Remy von Matt zeigt Charakter
>> Telepolis: Ungefragte Meinungsäußerungen von Undankbaren

Klaus Eck, econcon

Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

5 Replies to “Jean-Remy von Matts virale Antwort auf die Bloggerkritik”

  1. Dass er die Blogosphäre komplett verstanden hat, kann der Gute aber nicht wirklich von sich behaupten … von wegen „Im Schutze der Anonymität“ – eigentlich alle Blogger, die ich persönlich ernst nehme, sind kein Bisschen anonym…

  2. Wienun? Relevanz?

    Stellt sich doch immer wieder die Frage (und wird mir immer wieder gestellt – hey, wenigstens ein paar meiner Seminare sind irgendwie inzwischen die einzigen offenen, die überhaupt noch stattfinden), ob (und wenn ja: wie) relevant Blogs seien. Und gebe ich …

  3. Klowand als Krise oder als Chance zur Professionalisierung?

    Jean Rémy von Matt und die Blogosphäre.
    Sucht man per Suchmaschine nach dem Begriff Klowand, findet man mehr als hundert Blogeinträge, die sich an der Kritik des Werbemachers Jean-Rémy von Matt (Jung v. Matt) an Weblogs abarbeiten….

  4. Die ehrliche Reaktion von Jean Rémy von Matt, die ein freundlicher Mensch an die Öffentlichkeit gebracht hat, läst vermuten, dass die Nerven blank lagen.
    Machen ihm doch ein paar kritische Journalisten und Blogger, für die diese Kampagne gar nicht gedacht ist, sein teures Spielzeug madig, auf das er und so viele Entscheider in der Medienwelt stolz sind. Alles Menschen, die wissen, wie man die da unten perfekt motiviert.
    Teure Werbelyrik soll aus uns Deutschen Aufbrecher machen. Und wer nicht mitmacht … oder gar die Stimmung versaut … ja, da haben sie wie so oft Werbeperlen vor die Säue geworfen.
    Na ja, vielleicht hat man auch seine Hausaufgaben nicht gemacht und geprüft, wie die DbD-Idee unten ankommt?
    Die Entschuldigung von Jean Rémy von Matt zeigt zwar, dass er zu kommunikativen Formen in der Öffentlichkeit zurück gefunden hat – aber steckt dahinter auch ein Gesinnungswandel. Ist sie Entschuldiugng authentisch, echt, ehrlich?
    Denn genau dies ist das Problem mit der DbD-Kampagne, die mich an eine russische Kampagne erinnert, die einst Herr Potemkin für Kathatrina die Große entwickelt hat. Hinter dem Glanz schöner Dörfer, die er der Kaiserin präsentierte, war nichts. Alles war nur Kulisse, Hohl, Camuflage. Potemkinsche Dörfer.
    Die DbD-Kampagne wirkt auf mich ähnlich. Vielleicht geht sie als Potemkinsche Werbung in die Geschichte ein.
    Ihr fehlt das authentische, was man bei Käse- oder Waschmittelwerbung hinnimmt. Die DbD-Werbung ist weder unterhaltsam noch intelligent, eher möchtegern und bedeutungsschwanger, ohne zu gebähren.
    Nach langem Anlauf nun meine eigentliche Vermutung, warum Jean Rémy von Matt so sauer auf Blogs reagiert hat: Blogs sind in hohem Maß authentisch, weil dahinter Menschen stehen und dafür stehen, was sie sagen. Und diese DbD-Werbung? Wie authentisch ist die? Mal ehrlich.
    Schade um das Thema. Warum nicht mit Kameras und Recorder raus zur frustrierten Basis, zu den Bremsern, zu den Menschen, die den Wandel der Gesellschaft nicht packen? Aufnehmen, was die stört. Zeigt es. Werft es ihnen wegen mir vor, wagt es bei solchen Themen radikal zu sein. Setzt eine ernsthafte Diskussion in Gang.
    Statt dessen haben wir nun ein läppisches Geplänkel über eine geschmäcklerische Kampagne und einen eingeschnappten Werber. Interessanterweise wird dies mehr wahr genommen als die Kampagne. Warum? Weil das authentisch und echt ist. Werbung darf das in Öko Zeiten übrigens auch sein, auch ohne Bio-Zertifizierung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert